Hamburgs Grüne im MOPO-Check
Was in zweieinhalb Jahren gut gelaufen ist, wer schwächelt:
Zur Halbzeit der rot-grünen Koalition zeigen sich die Grünen zufrieden. Ob Umwelt, Wissenschaft oder Radverkehr – es seien „Akzente gesetzt und Entwicklungen geprägt“worden, meint Fraktionschef Anjes Tjarks. Die MOPO macht den Check.
Wissenschaft: Die zuständige Senatorin Katharina Fegebank sieht eine klare Aufbruchstimmung: „Hamburg ist auf dem Weg zur Wissenschaftsund Innovationsmetropole. Wir machen nachhaltige und weitsichtige Wissenschaftspolitik.“Es werde immer stärker darum gehen, kluge Köpfe nach Hamburg zu holen, so Fegebank.
Das sagt die MOPO: Es tut sich eine Menge in der Wissenschaft. Fegebank holte während der Koalitionsverhandlungen zusätzlich 40 Millionen Euro für ihr Ressort heraus. Und eine Grundsteinlegung jagt die nächste: Ob beim neuen Zentrum für Klimaforschung, im Geomatikum oder dem Max-PlanckGebäude. Ein besonderer Moment war die Ansiedlung des Fraunhofer Instituts für Windenergie in Bergedorf.
Umwelt: Auch Senator Jens Kerstan zeigt sich zufrieden. Zu den Erfolgen zählt er u. a. die Ausweitung der Naturschutzgebiete, die Verdreifachung der Mittel für Baumpflanzungen sowie die Entwicklung des neuen Stadtteils Grasbrook – von den Grünen schon vor langer Zeit gefordert. „Der Grasbrook ist Ausdruck der grünen Philosophie, dass die Stadt durch Verdichtung wachsen soll“, so Kerstan.
Das sagt die MOPO: Kerstan ist der einzige grüne Senator, der Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auch mal Paroli bietet. Allein dadurch punktet er in der öffentlichen Wahrnehmung. Seine Bilanz sieht unterm Strich recht gut aus, auch wenn er die geforderten Fahrverbote für Diesel-Autos nur in einem sehr überschaubaren Rahmen durchsetzen konnte. Allerdings erfährt er gerade heftigen Gegenwind durch die von ihm initiStraßenierte reinigungsgebühr.
Justiz: Senator Till Steffen verweist in seiner Bilanz auf die Personalaufstockung: 113 neue Mitarbeiter bei Gericht und der Staatsanwaltschaft, das sei ein „Aufwachs, der ohne Beispiel ist“, so Steffen. Auch hebt er die Hamburger Bundesratsinitiativen hervor, wie zum Beispiel die Änderung des Sexualstrafrechts, mit der sexuelle Gewalt einfacher geahndet werden kann.
Das sagt die MOPO: Steffen hat schwer zu kämpfen, die Opposition sieht in ihm die offene Flanke des Senats, forderte bereits seinen Rücktritt. Grund sind Justizpannen und -skandale. So musste ein Kinderschänder auf freien Fuß gesetzt werden, weil ihm nicht rechtzeitig ein Therapieplatz besorgt worden war. In einem anderen Fall wurden zwei wegen Totschlags in U-Haft sitzende Männer wegen überlanger Verfahrensdauer entlassen.
Bürgerbeteiligung: Fraktionschef Anjes Tjarks betont den aktiven Dialog mit den Bürgern. „Nur so konnte es gelingen, 52 000 Geflüchtete in Hamburg aufzunehmen und gleichzeitig den gesellschaftlichen Frieden in der Stadt zu wahren.“
Das sagt die MOPO: Tatsächlich eine Erfolgsgeschichte. Anjes Tjarks gelang es gemeinsam mit SPD-Fraktionschef Andreas Dressel in wochenlangen und mühevollen Gesprächen, Kompromisse mit den Volksinitiativen gegen Großunterkünfte für Flüchtlinge und für eine bessere Ganztagsbetreuung an Schulen zu finden und so Volksentscheide in diesen Fragen abzuwenden. Das Gespann, das als A-Team bezeichnet wird, arbeitet effizient und geräuschzusammen los und gilt als Brandlöscher.
Fahrradstadt: „Wir machen Hamburg zur Fahrradstadt“, so Tjarks.
Das sagt die MOPO: Dieses Vorhaben ist inzwischen überall in der Stadt sichtbar: Ob Ausbau der Alster-Fahrradrouten, vermehrte Radspuren auf Hamburgs Straßen oder der Ausbau des Stadtrad-Angebotes – die Grünen setzen ihren Plan konsequent um.
G20: Der G20-Gipfel sei eine Belastung für die Koalition gewesen, so Fegebank. „Das war eine Entscheidung, die der Stadt nicht gutgetan hat und die wir mitgetragen haben“, so Fegebank weiter.
Das sagt die MOPO: Die Grünen sind in dieser Sache herumgeeiert, trugen den Gipfel aus Koalitionsräson mit, wollten ihn aber eigentlich nicht. Am Ende spielten sie mit ihrer Glaubwürdigkeit. PIN