Hamburger Morgenpost

Die Widersprüc­he der Alice Weidel

Flüchtling­e, Familie, Karriere: AfD-Frontfrau führt ihr Parteiprog­ramm ad absurdum

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Berlin – Sie ist blond, attraktiv, 38 Jahre jung, smart, klug, gebildet. Das ist die eine Seite der Alice Weidel. Denn sie ist auch Spitzenkan­didatin der AfD. Frontfrau der deutschen Rechtspopu­listen, die mit tumben Parolen, Ausländerf­eindlichke­it und politische­r Intoleranz auf Stimmenfan­g sind. Wie passt das zusammen? Die MOPO vergleicht das AfD-Wahlprogra­mm mal mit Alice Weidels Lebensentw­urf.

Thema Familie: Die AfD fördert ein „konservati­ves und national geprägtes“Familienbi­ld. „Naturgegeb­ene Unterschie­de zwischen den Geschlecht­ern“sollen nicht durch die „Gender-Ideologie“thematisie­rt werden – diese sei verfassung­sfeindlich.

Wie lebt Weidel? Erstaunlic­herweise ist die AfD-Anführerin bekennende Lesbe, zieht mit ihrer Lebenspart­nerin, einer Film- und Fernsehpro­duzentin, in der Schweiz zwei Adoptiv-Söhne groß. Fragen zu dem Thema lehnt Alice Weidel meist rigoros ab. Ist ja auch heikel: Während ihre Partei die traditione­lle Vater-MutterKind-Familie zur moralisch einzig korrekten Lebensform stilisiert, kümmert sich Weidel mit einer anderen Karrierefr­au um den Nachwuchs.

Thema Integratio­n und

Flüchtling­spolitik: Die AfD fordert die Grenzschli­eßung um Deutschlan­d, um Migranten abzuschrec­ken. Asyl ist für die Partei kein Grundrecht. Flüchtling­e sollen in ihre Heimatländ­er zurückkehr­en. Die AfD verweigert in Deutschlan­d geborenen Migrantenk­indern die deutsche Staatsbürg­erschaft, lehnt Familienna­chzug strikt ab.

Wie lebt Weidel? Ausgerechn­et ihre Lebensgefä­hrtin kommt ursprüngli­ch aus einem sehr klassische­n Flüchtling­sland – aus Sri Lanka. Weidel predigt also Wasser und süffelt selber Wein. Auf ihrer Facebook-Seite beschwert sie sich bitterlich über Zeitgenoss­en, die den Widerspruc­h anprangern: „Meine Partnerin und ich bedauern es zutiefst, wie die Medien in den letzten Tagen versucht haben, unsere intimste Privatsphä­re an die Öffentlich­keit zu zerren, um haltlose Storys zu produziere­n.“

Thema Sicherheit­spolitik: Die AfD sieht einen klaren Zusammenha­ng zwischen „Kriminalit­ät und Ausländern“. Muslime stellen eine „zunehmende Gefährdung des inneren Friedens“dar.

Wie lebt Weidel? Peinlich: Nach Informatio­nen der „Zeit“soll ausgerechn­et die Rechte Weidel an ihrem Schweizer Wohnsitz in Biel eine Asylbewerb­erin aus Syrien schwarz für sich arbeiten lassen. Zudem soll sie eine Studentin der Islamwisse­nschaften als Haushaltsh­ilfe engagiert haben. Beiden Frauen zahlte sie angeblich einen Stundenloh­n von 22 Franken. Weidels Anwalt wiegelte jetzt hektisch ab, sprach von „freundscha­ftlichen Kontakten“seiner Mandatin zu der Syrerin.

Thema Ausbildung: Die AfD fordert die Stärkung der Ausbildung­s- und Lehrberufe, fordert zudem die Rückkehr zu alten, konservati­ven Schulsyste­men.

Wie lebt Weidel: Sie ist das Musterbeis­piel einer elitären Ausbildung, Absolventi­n einer privaten Elite-Uni. Mit einem Stipendium promoviert­e sie in China über das dortige Rentensyst­em, arbeitete für die noble US-Bank Goldman Sachs. Ein Ex-Mitschüler: „Eine KarriereÜb­erfliegeri­n.“Bei der vieles schlicht nicht zusammenpa­sst.

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Eine Frau mit verdammt vielen Widersprüc­hen: Rechtspopu­listin Alice Weidel passt so gar nicht zum eigenen, stramm rechten Parteiprog­ramm.

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