Hamburger Morgenpost

„An Populismus müssen wir uns gewöhnen“

Interview Viva-con-Agua-Gründer Benny Adrion (36) über die Bundestags­wahl und den Hass im Internet

-

Er ist Ex-Profi-Kicker und kämpft für sauberes Trinkwasse­r in den armen Ecken der Welt. Für sein Engagement wurde Viva-con-AguaGründe­r und N-Klub-Gastgeber Benny Adrion sogar schon mit dem Bundesverd­ienstkreuz ausgezeich­net. Mit der MOPO sprach der 36-Jährige über die anstehende Wahl, über Rechtspopu­lismus und zunehmende­n Hass im Internet.

MOPO: Herr Adrion, welche Themen entscheide­n die Wahl? Benny Adrion:

Ich glaube, die Wahl ist schon entschiede­n. Ich erkenne keine Wechselsti­mmung im Land, die Leute setzen auf Kontinuitä­t, haben das Bedürfnis nach Sicherheit. Ich glaube, dass viele Menschen zufrieden sind, was Frau Merkel da macht.

Warum?

Die Kanzlerin ist in dem Konzert der großen Staatschef­s schon ewig dabei, mehr als nur etabliert. In dieser Welt, die gerade sehr chaotisch und hysterisch ist, glaube ich, dass sie die Ruhe behält und den Leuten auch Ruhe gibt.

Welches Thema müsste Merkel dennoch dringend angehen?

Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschut­z spielen eine viel zu geringe Rolle. Unsere Meere verdrecken, die CO2 Emission ist katastroph­al. Das größte Problem, was wir haben, ist jedoch das Wasser. Wir pumpen es ab, plündern nicht mehr regenerati­ve Wasservork­ommen. Der Aralsee in Zentralasi­en ist ausgetrock­net, in Australien, Kalifornie­n, Spanien herrscht Dürre. Unsere Anstrengun­gen, etwas zu verändern, sind nicht hoch genug.

Wo sind wichtig? noch Anstrengun­gen

Das Thema Europa dürfen wir nicht unterschät­zen. Ich war vor Kurzem mit dem Auto in Spanien und habe mal wieder gemerkt, was für ein hohes Gut es ist, dass man in dieses Land fahren kann, ohne dass man den Grenzüberg­ang merkt. In Zeiten, wo irrational­e Menschen Staaten führen, müssen wir aufpassen, solche Errungensc­haften nicht zu verlieren.

Rechtspopu­listen gefährden europäisch­e Offenheit.

Das ist ein Problem, aber auch ein Phänomen, an das wir uns gewöhnen müssen. Die Leute haben gemerkt, dass ihre Befürchtun­gen nicht ernst genommen werden. Angela Merkel ist zeitweise einen sehr liberalen Kurs gefahren und hat so Platz rechts von der CDU geschaffen.

Angst ist das eine. Der Wahlkampf zeichnet sich derzeit aber auch immer wieder durch Hass aus.

Das ist ein Sinnbild unserer Gesellscha­ft. Das sehen wir im Netz, nicht nur von rechts, sondern von allen Seiten. Das Klima der Debatten und Auseinande­rsetzungen eskaliert derzeit häufig. Auch nach dem G20-Gipfel, wo es nur noch extreme Positionen gab. Das ist schon ein Problem.

Apropos Gesellscha­ft. Was muss in der Politik geschehen, damit mehr so tolle Projekte wie „Viva con Agua“entstehen?

Gründungsp­rozesse müssen vereinfach­t, Bürokratie

die

muss niedrig gehalten werden. Grundsätzl­ich muss man aber sagen, dass wir es in Deutschlan­d sehr gut haben. Hier herrscht Redefreihe­it, dadurch hat Kreativitä­t freien Lauf. Es wird immer viel gemeckert, aber die vorhandene­n Qualitäten sieht man selten. Wir sollten viel öfter die positiven Seiten wahrnehmen und darauf aufbauen. Das Interview führte MIKE SCHLINK

 ??  ?? Benny Adrion (36) ist einer der Gastgeber des N-Klubs. Hier treffen sich regelmäßig engagierte Hamburger, um über Umwelt, Kultur und Soziales zu diskutiere­n.
Benny Adrion (36) ist einer der Gastgeber des N-Klubs. Hier treffen sich regelmäßig engagierte Hamburger, um über Umwelt, Kultur und Soziales zu diskutiere­n.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany