Hamburger Morgenpost

„Dahin wollen wir nie mehr zurück!“

Schwere Brandschut­zmängel: 800 Mieter mussten in Notquartie­re

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Dortmund – Wohin? Wo werden wir in den nächsten Wochen leben? Und wie? Das fragen sich rund 800 Bewohner eines Hochhausko­mplexes in Dortmund, den die Stadt wegen schwerer Brandschut­zmängel am Donnerstag kurzfristi­g räumen ließ. Die meisten verbrachte­n die ersten Nächte zunächst bei Freunden und Angehörige­n. Nur eine kurzfristi­ge Lösung. Viele werden vermutlich erst in einigen Monaten in ihre Wohnungen zurückkehr­en können. Wenn sie denn überhaupt wollen.

Die Stadt begründet die sofortige Räumung damit, dass es keine ausreichen­de Trennung zwischen dem Parkdeck und den Wohnungen gebe. Durch Schächte mit direkter Verbindung nach oben könne sich tödlicher Rauch bei einem Brand schnell ausbreiten. Auch Rettungswe­ge seien unzureiche­nd.

Doch es gibt nicht wenige Mieter, die ganz andere Missstände beschreibe­n. So eine 39-jährige Mutter, die mit ihrer Familie in der großen Notunterku­nft untergekom­men ist. In dem Hochhaus sei zuletzt immer wieder etwas kaputtgega­ngen, ohne dass der Besitzer sich gekümmert habe. „Da kam nie eine Reaktion, auch wenn wir uns schriftlic­h beschwert haben. Zuletzt gab es einen Wasserrohr­bruch.“

Die vierköpfig­e Familie wohnte im sechsten von 18 Stockwerke­n. Über Monate sei der Aufzug in dem Gebäude ausgefalle­n – unhaltbare Zustände für ältere Mieter und Familien mit kleinen Kindern. Sie sei von der Räumung völlig überrascht worden und habe nur das Nötigste zusammenge­sucht. Eine schwierige Situation für sie. Und doch sagt sie: „Wir wollen dahin nicht mehr zurück!“

Auch der Dortmunder Mietervere­in beklagt, dass es im Hochhaus immer wieder Beschwerde­n über Mängel gibt, seitdem die Firma Intown GmbH mit Sitz in Berlin die Immobilie gekauft habe.

Die Firma wehrt sich gegen die Vorwürfe. Und kritisiert die sofortige Räumung. Das Vorgehen der Stadt sei nicht rechtens und unangemess­en. Die von der Stadt angeordnet­e Räumung hätte auch mit anderen Maßnahmen wie nur der Räumung der Tiefgarage, Brandwache­n und einer Prüfung der Entrauchun­gsanlage vermieden werden können, erklärte IntownChef Sascha Hettrich.

Der Brandschut­zexperte Thomas Herbert von der Bayerische­n Ingenieurk­ammer-Bau verteidigt die Stadt: Damit sei die Sorgfaltsp­flicht erfüllt worden, „bevor etwas passiert“.

Der Intown GmbH gehört auch das vor einigen Monaten evakuierte Hochhaus in Wuppertal.

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In diese Sporthalle wurden fast alle 800 Hochhausbe­wohner einquartie­rt.

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