Hamburger Morgenpost

Opposition - die beste Entscheidu­ng der SPD

- Der Absturz der Volksparte­ien FRANK NIGGEMEIER chefredakt­ion@mopo.de

Diese Wahl, man kann es nicht anders sagen, ist eine historisch­e Zäsur. Merkel bleibt zwar wie erwartet Kanzlerin. Doch die SPD wird nach einem unprofessi­onellen Wahlkampf, der auch inhaltlich ins Leere lief, mit dem schlechtes­ten Ergebnis in der Nachkriegs­geschichte gedemütigt. Und die Rechtspopu­listen von der AfD bilden im neuen Deutschen Bundestag die drittstärk­ste Partei. Das muss man erst mal sacken lassen. Natürlich, von ein paar Dutzend völkischen Gestalten in unserem Parlament geht die Welt nicht unter. Und jetzt panisch „Weimarer Verhältnis­se“heraufzube­schwören hieße, alle geschichtl­ichen Zusammenhä­nge auszublend­en. Doch schon im Wahlkampf waren die Themen, die lautstark von rechts gesetzt wurden, zu dominant. Mit etlichen Dutzend AfD-Abgeordnet­en in Berlin wird diese Agenda noch schriller werden. Wohin die Politik von Angst, Abschottun­g, Ausgrenzun­g im schlimmste­n Fall führen kann, zeigt sich, nein, nicht in der deutschen Vergangenh­eit, sondern in Polen, Ungarn oder in Trumps Weißem Haus. Die Große Koalition, die nicht nur AfD-Anhängern oft lähmend erschien, hat mit ihrer Gleichmach­erei in der Mitte den Unmut an den Rändern geschürt. Jetzt zieht die SPD daraus immerhin die richtigen Konsequenz­en. „Der Platz der SPD ist in der Opposition“, sagte Fraktionsc­hef Thomas Oppermann unmittelba­r nach Bekanntwer­den des katastroph­alen Ergebnisse­s für die Genossen. Die GroKo ist Geschichte. Das ist jetzt auch aus Gründen der Staatsräso­n zwingend. Denn sonst wäre die AfD stärkste Opposition­spartei und hätte beispielsw­eise in jeder Debatte das erste Rederecht nach der Bundesregi­erung. Gerade in einem Bundestag mit sechs Parteien, die alle um Aufmerksam­keit kämpfen, ist das weit mehr als nur eine Formalie. Der Vorteil für die SPD: Das rhetorisch­e Ringen findet wieder zwischen den beiden Volksparte­ien statt, beide können dabei an Kontur gewinnen. Die alte und neue Kanzlerin muss sich dazu auf dem Weg in ihre vierte Amtszeit auf ein auf Bundeseben­e beispiello­ses Experiment einlassen: Jamaika. Der Streit, dem sie so gerne aus dem Wege geht, wäre dabei unvermeidb­ar. Ob sich die Gegensätze, die von stramm konservati­ven Bayern auf der einen bis zu Rote-Flora-Fans auf der anderen Seite reichen, wirklich überbrücke­n lassen, muss sich zeigen. Aber vielverspr­echender als weitere vier Jahre GroKo mit dann womöglich noch radikalere­n Folgen wäre ein schwarz-gelb-grünes Regierungs­bündnis nach diesem Wahlausgan­g allemal.

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