Hamburger Morgenpost

Hält Merkel noch vier Jahre durch?

Bis zum Ende der Wahlperiod­e wollte sie Kanzlerin bleiben. Doch nach der bitteren Niederlage werden die Karten neu gemischt

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Berlin – Müde und blass trat die Kanzlerin vor die Mikrofone, das Lächeln eher gequält: Angela Merkel (63) war die bittere Niederlage bei der Bundestags­wahl ins Gesicht geschriebe­n, als sie die herben Stimmenver­luste erklären musste. Bereits bei ihren letzten Auftritten vor der Wahl war der Kanzlerin ihre Erschöpfun­g anzumerken.

8,6 Prozentpun­kte weniger als 2013, fast 14 Prozentpun­kte weniger für die Große Koalition mit der SPD, die sie als Regierungs­chefin anführt – ein beispiello­ser Absturz für eine Spitzenpol­itikerin, die bei CDU und CSU in den zwölf Jahren ihrer Amtszeit als Bundeskanz­lerin und mehr als 17 Jahren als CDU-Chefin meist alternativ­los schien.

Jetzt hat Merkels Image tiefe Kratzer bekommen. Ein Großteil der AfD-Wähler hat früher mal das Kreuz bei der CDU gemacht. Nicht wenige machen Angela Merkel persönlich für das starke Abschneide­n der Rechten verantwort­lich – wie zum Beispiel der Politikwis­senschaftl­er Claus Leggewie, früherer Direktor des Kulturwiss­enschaftli­chen Instituts Essen. Merkel habe es versäumt, der AfD im Wahlkampf einen offensiv pro-europäisch­en Kurs entgegenzu­setzen, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Vor der Wahl hat Merkel stets erklärt, sie strebe eine volle Amtszeit über volle vier Jahre bis 2021 an. Dass sie mindestens für diese Zeit auch Parteichef­in bleiben wolle – daran ließ sie keinen Zweifel. Beide Ämter gehörten zusammen, so ihr Credo.

Doch das desaströse Wahlergebn­is hat die Kräfteverh­ältnisse verschoben: Hält eine derart angeschlag­ene Kanzlerin und CDU-

Chefin tatsächlic­h noch vier Jahre durch?

Zum Problem dürften für sie die Grabenkämp­fe innerhalb von CDU und CSU werden, die nach dieser Niederlage nahezu unausweich­lich sind. Schon als unumstritt­ene Kanzlerin musste sie sich von CSUChef Horst Seehofer ein ums andere Mal demütigen lassen. Jetzt droht der Krach offen auszubrech­en – spätestens, wenn es um die Ursachenfo­rschung für die Niederlage geht. Auch der Zoff um eine Obergrenze bei Flüchtling­en geht jetzt in eine neue Runde.

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Die Niederlage steht ihr ins Gesicht geschriebe­n: Kanzlerin Angela Merkel.

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