Aufstand gegen Schulz
Rasche Entscheidungen, keine Mitsprache: Hamburger Sozialdemokraten kritisieren Parteispitze
Von MIKE SCHLINK
Da geht sie hin, die Geschlossenheit der SPD. Martin Schulz war nach dem Wahldebakel um innerparteiliche Einigkeit bemüht – doch die löst sich nun auf. Viele Sozialdemokraten sind unzufrieden mit der Art, wie der gescheiterte Kanzlerkandidat zuletzt auftrat. In Hamburg formiert sich ein Aufstand. Dabei geht es vor allem um die Personalie Andrea Nahles (SPD). Wenige Stunden nach dem Wahl-Fiasko legte sich Schulz auf die bisherige Bundesarbeitsministerin als neue Chefin der Bundestagsfraktion fest – gestern wurde sie von der Partei gewählt. „Diejenigen, die die Wahl an die Wand gefahren haben, dürfen jetzt getrost weitermachen. Frischen Wind sucht man bei der SPD gerade vergeblich“, wettert der Bürgerschaftsabgeordnete Hauke Wagner (SPD) – damit ist er nicht allein. Der konservative „Seeheimer Kreis“in der SPD – geführt vom Hamburger Johannes Kahrs – hatte das hohe Tempo der Personalentscheidung gleich kurz nach der Verkündung kritisiert und verlangt, an der Diskussion über den Fraktionsvorsitz beteiligt zu werden. „Andrea Nahles war in den vergangenen Jahren stets für wichtige Entscheidungen der Führungsebene der SPD mitverantwortlich. Sie nun zur Fraktionsvorsitzenden zu befördern, ohne vorher die Basis der SPD in die Entscheidung einzubinden, ist kein Neuanfang“, heißt es in einer Mitteilung der Jusos Hamburg. Der Frust sitzt tief, zumal Martin Schulz im Vorfeld der Wahl noch eine Mitgliederbefragung zur zukünftigen Partei-Ausrichtung angekündigt hatte.
„Entscheidungen über die Vergabe von Posten im Hinterzimmer zu treffen, hat uns in den vergangenen Jahren nicht vorangebracht“, so JusoChefin Armita Kazemi.
Im Donnerstag, 28. September 2017 Landesverband der SPD und auch in der Bürgerschaftsfraktion bemühen sich die Spitzen um Ruhe – aber die Nerven liegen blank. Hauke Wagner zofft sich derzeit in den sozialen Netzwerken und auch bei Sitzungen mit Fraktions-Kollegen über die Performance der Parteispitze – und das gefällt offenbar nicht allen in der SPD. „Es ist höchst problematisch, dass kritische, innerparteiliche Stimmen sofort im Keim erstickt werden“, so Wagner.