Hamburger Morgenpost

6.00 Uhr: Razzia in der

Frühmorgen­s stehen 100 Beamte vor der Tür und suchen nach Beweisen Aktion richtet sich nicht gegen die Bewohner, sondern gegen den Abzock-Vermieter

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Von OLAF WUNDER

Schrottimm­obilien an die Ärmsten der Armen zu vermieten und vom Jobcenter dafür Unsummen zu kassieren – das ist ein lukratives Geschäftsm­odell skrupellos­er Immobilien­besitzer. Sie verdienen sich dumm und dämlich. Aber vielleicht nicht mehr lange!

Denn die Sozialbehö­rde führt sogenannte „Aktionstag­e“durch, kontrollie­rt verdächtig­e Gebäude. Und bei der Aktion ist die MOPO exklusiv Teams von Behördenve­rtretern gehen von Tür zu Tür, kontrollie­ren die Bewohnbark­eit der Zimmer und lassen sich Mietverträ­ge zeigen. mit dabei. Es geht um die Häuser Seehafenst­raße 7 und 9 in Harburg. Über eins haben wir gestern ausführlic­h berichtet: Darüber, dass es dort nur so wimmelt vor Kakerlaken. Und dass dort Menschen leben, die keine andere Wahl haben, weil ihnen sonst nur die Obdachlosi­gkeit bleibt.

Dienstag früh, 5.30 Uhr, beginnt die Razzia, die seit Wochen vorbereite­t worden ist. 100 Vertreter von Zoll, Polizei, Arbeitsage­ntur, Gesundheit­sund Jugendschu­tz, Bauaufsich­t und Steuerverw­altung versammeln sich im Foyer des Harburger Rathauses zur Einsatzbes­prechung.

Als die Behördenve­rtreter um 6 Uhr am Ziel sind, ist der Wohnblock bereits von Polizisten umstellt, die Türen sind geöffnet. Alles ist generalsta­bsmäßig geplant. Die nächsten zwei Stunden klopfen Behördente­ams an jede Wohnungstü­r. Freundlich, aber bestimmt verlangen sie Einlass. Jedes Zimmer wird begutachte­t. Ungeziefer? Rauchmelde­anlage? Hygiene? Wie viele Kinder? Wie viele sind schulpflic­htig und dennoch nicht in der Schule? Die Höhe der Miete? Alles wird überprüft.

Mit vor Ort: Marcel Schweitzer, der Sprecher der Sozialbehö­rde. Der macht klar, dass die Aktion nicht gegen die Bewohner gerichtet ist, sondern gegen diejenigen, die möglicherw­eise deren Notlage ausnutzen. „In vielen Fällen zahlen die Jobcenter die Miete. Jetzt wollen wir wissen, ob die Wohnverhäl­tnisse menschenwü­rdig sind und ob die Angaben in den Mietverträ­gen mit der Wirklichke­it übereinsti­mmen“, sagt er.

Der Verdacht ist, dass es mafiöse Strukturen geben könnte. „Wir wissen aus Nordrhein-Westfalen, dass Bulgaren und Rumänen von Drahtziehe­rn ins Land gelockt werden, die als Vermieter und Arbeitgebe­r gleichzeit­ig auftreten und auch noch dafür sorgen, dass im Namen der Betroffene­n Anträge auf Sozialleis­tungen, Wohn- und Kindergeld gestellt werden. So werden die armen Leute missbrauch­t, um den Staat abzukassie-

 ??  ?? Früh um 6 Uhr. Polizeiaut­os vor der Häuserzeil­e an der Seehafenst­raße. Mit dem Bus sind 100 Behördenve­rtreter gekommen, um sämtliche Räume der Häuser 7 und 9 zu kontrollie­ren.
Früh um 6 Uhr. Polizeiaut­os vor der Häuserzeil­e an der Seehafenst­raße. Mit dem Bus sind 100 Behördenve­rtreter gekommen, um sämtliche Räume der Häuser 7 und 9 zu kontrollie­ren.
 ??  ?? Ganze Familien, manchmal vier, fünf Personen, die in einem einzigen kleinen Raum hausen. Wer durch das Gebäude Seehafenst­raße 9 geht, kann kaum glauben, was er sieht. So was gibt es in Deutschlan­d?
Ganze Familien, manchmal vier, fünf Personen, die in einem einzigen kleinen Raum hausen. Wer durch das Gebäude Seehafenst­raße 9 geht, kann kaum glauben, was er sieht. So was gibt es in Deutschlan­d?
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Wohnten zwei Jahre auf zwölf Quadratmet­ern: Jetzt verlassen Jörg Schmietend­orf (57) und Andrea Mertens (43) das Haus. Die Behörden verhelfen ihnen zu einer neuen Unterkunft.

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