Hamburger Morgenpost

Dieser Horror dauert lebenslang

Loveparade-Katastroph­e Nach erschütter­ndem ARD-Film: Opfer berichten über Trauma nach Duisburg

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Duisburg – „Ich bin kaputt – und das weiß ich auch.“Mit schlichten, aber weitreiche­nden Sätzen wie diesen schockte Jella Haase (24) gestern in „Das Leben danach“Millionen. Sie spielte ein Loveparade-Opfer, das nach der Massenpani­k mit 21 Toten vor sieben Jahren bis heute an den Folgen leidet – und am posttrauma­tischen Stress-Syndrom. Sie irrt planlos durch ihr Leben, lebt von Hartz IV, schläft beinahe wahllos mit Männern, um sich zu spüren.

Ist das wirklich so heftig? „Ja“, sagte Maren Richard (25) aus Soest gegenüber der MOPO. Sie brach sich während des Unglücks ein Bein – die psychische­n Leiden waren aber schlimmer. „Ich kann immer noch schlecht schlafen, habe immer wieder diese Bilder vor mir. Ich bin immer noch in psychiatri­scher Behandlung.“Die Auswirkung­en im Film (der vor dem Hintergrun­d des echten Ereignisse­s fiktive Schicksale erzählte) sind für sie nicht zu drastisch dargestell­t. „Ich glaube so langsam wirklich, dieser Horror dauert lebenslang.“

Das kann auch Laurin Bonse (26) aus Mönchengla­dbach bestätigen, der auch Jahre nach der Tragödie noch schweißgeb­adet aufwacht. Er wurde bei dem Unglück schwer verletzt. „Die Folgen haben mich mindestens genauso verletzt wie das Unglück an sich“, betonte er.

Davon können auch die Psychologe­n, die danach dutzendwei­se Opfer betreuten, berichten. Gesprächst­herapeutin Sybille Jatzko übernahm die Telefon-Hotline, arbeitete jetzt auch am Film mit. „Die Hilfen sind umfangreic­h und langwierig. Nimmt die Symptomati­k zu, haben Opfer häufig das Gefühl, verrückt zu werden. Wenn das persönlich­e Leid größer wird, können sie sogar zu einer Gefahr für sich selbst und andere werden.“

Jatzko erklärte auch Haase, wie sie das Trauma spielen soll. „Auf diese Weise bekommen Zuschauer die Chance, nachvollzi­ehen zu können, was ein posttrauma­tisches Störungsbi­ld ist und wie es sich bemerkbar macht. Und genau deshalb ist der Film wichtig.“

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Die Panik steht ihr ins Gesicht geschriebe­n: Jella Haase in „Das Leben danach“. Sie übte vorher mit echten Therapeute­n.
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Opfer Laurin Bonse (l.) aus Mönchengla­dbach 2010 im Krankenhau­s, am Tag nach dem Unglück – und Maren Richard auf einer Trage. Sie brach sich damals ein Bein und befindet sich bis heute in psychologi­scher Behandlung.

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