Hamburger Morgenpost

Hamburgs schlimmste­r Serien-Mörder?

Vor 33 Jahren ermordete Klaus-Dieter H. (58) eine Frau und ihre beiden Kinder bestialisc­h. Jetzt gesteht er in der Haft einen weiteren Mord. Der Verdacht: Es gibt noch mehr Opfer

- Von THOMAS HIRSCHBIEG­EL, ANASTASIA IKSANOV und RÜDIGER GAERTNER

Mit dem Begriff „Schlächter“oder „Monster“sollte man als Reporter vorsichtig sein. Doch die Taten von Klaus-Dieter H. sind so monströs, dass man für den heute 58-Jährigen einfach keinen anderen Begriff finden kann. In den 80er Jahren hat er in einem einzigen Stadtteil – Steilshoop – vier Menschen, darunter zwei Kinder, bestialisc­h ermordet. Und nach MOPO-Informatio­nen kommt der Mann für weitere Morde infrage, die ebenfalls in Steilshoop begangen wurden. Die Kripo-Ermittlung­sgruppe „Cold Cases“wühlt sich aktuell durch Dutzende alter Fallakten.

Die Jugendsend­ung, die in der Nacht zum 1. März 1984 in der ARD gezeigt wurde, hieß „Klons“. Das Thema: Zombie-Filme. Szenen aus einem Horror-Film wurden

gezeigt: Eine Frau wird von einem Zombie verfolgt. Schließlic­h greift ein Mann nach einer Hacke und schlägt sie dem „Untoten“in den Bauch …

In dieser Nacht sitzt Klaus-Dieter H. am Schreyerri­ng in der Wohnung von Bekannten vor dem Fernseher, sieht die

fragliche Sendung. Zwei Stunden später wird die Fernseh-Szene zur grausigen Realität. Der arbeitslos­e Sozialhilf­eempfänger nimmt in der Wohnung eines Feuerwehrm­anns eine Machete, Säbel und ein Bajonett von der Wand – Waffen, die der Mieter gesammelt hatte. Damit sticht und schlägt er auf

die Frau (36) und die beiden acht und zehn Jahre alten Kinder ein. Der Mann richtet ein entsetzlic­hes Blutbad an und verschwind­et.

Der Feuerwehrm­ann selbst ist nicht da, hat Dienst. Als er am nächsten Morgen von der Nachtschic­ht kommt, findet er seine Familie ermordet vor. Er weiß,

wer am Abend in der Wohnung bei seiner Frau und den Kindern war, kann der Polizei also Hinweise geben – und so kann der Mörder ein paar Häuser weiter in dessen Wohnung festgenomm­en werden. Er gesteht.

Vor Gericht berichtet Klaus-Dieter H. von seiner dominanten Mutter, mit der er in einer Ein-ZimmerWohn­ung zusammen lebte und die ihm nie erlaubt hatte, seine Lieblingsm­usik zu hören. So hätte sich ein Hass auf Frauen und eine gestörte Sexualität entwickelt, gab er an.

Der Dreifach-Mörder wurde verurteilt und anschließe­nd in die geschlosse­ne Psychiatri­e „Haus 18“nach Ochsenzoll eingeliefe­rt. Dort sitzt er bis heute. Jetzt hat er den Ermittlern der „Cold Cases“-Gruppe in allen Einzelheit­en einen weiteren Mord an einer Frau gestanden.

Beata Sienknecht war eine lebenslust­ige Frau. Die da36 mals Jahre alte Mutter dreier Kinder lebte 1981 in eiHochhaus nem am SchreyerRe­ntner ring. Uwe T. (77). wohnte bereits damals dort und sprach jetzt mit der MOPO. Er sagt: „Frau Sienknecht hat öfter bei mir Zuflucht gesucht, immer wenn ihr Ehemann handgreifl­ich wurde.“

Auch am 13. Oktober 1981 gab es Streit mit dem Mann. Nur mit Slip und T-Shirt bekleidet flüchtete Beate Sienknecht auf die Straße – und lief ihrem Mörder in die ArAllerdin­gs me. wurde die Leiche nie gefunden.

In diesem Jahr nahm sich die „Cold Cases“-Einheit dieses Falls an, und im Auwandten gust sich die Kriminalis­ten an die Öffentlich­und keit baten um Hinweise. Daraufhin äußerte sich bei Facebook eine bis dahin unbekannte Zeugin. Sie gab den Beamten Hinweise auf einen möglichen Täter: nämDreifac­h-Mörder lich Klaus-Dieter H. Demnach gehörte H. damals zum entfernten Bekanntenk­reis der vermissten Frau.

Die Beamten gingen dem Hinweis nach und ließen H. aus der Psychiatri­e zur Vernehmung ins Polizeiprä­sidium bringen. Und tatsächlic­h: Nach einigem Zögern legte der 58-Jährige ein Geständnis ab. Er gab an, die Frau am Abend ihres Verschwind­ens ermordet und den Leichnam beseitigt zu haben. Wo genau – dazu wollte die Kripo gestern keine Angaben machen.

Die Ermittler hüllen sich auch in Schweigen, was weitere Morde an Frauen und Mädchen in Steilshoop angeht. Nach MOPO-Informatio­nen gibt es jedoch Indizien, die darauf hindeuten, dass Klaus-Dieter H. ein Serienmörd­er ist, und zwar womöglich der schlimmste der Hamburger Kriminalge­schichte:

Im April 1979 erstach ein Fahrradfah­rer am Bramfelder See unweit der Hochhausie­dlung Steilshoop eine 18-Jährige. 1980 stach ein Mann in einem Kleingarte­nverein in Steilshoop zwölf Mal auf eine 16-Jährige ein und versuchte die Schwerverl­etzte zu vergewalti­gen. Das Mädchen überlebte nur, weil sie sich tot stellte.

„Hass auf Frauen“und eine „gestörte Sexualität“– das waren die Motive des Dreifach-Mords 1984 und des Mordes 1981. Beide Motive passen auch zu den ungeklärte­n Fällen 1979 und 1980.

Auch heute noch halten die Ärzte in Ochsenzoll Klaus-Dieter H. für gefährlich. Er kommt vermutlich nie wieder frei.

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 ??  ?? 1984 ermordete Klaus-Dieter H. in Steilshoop diese Menschen: den zehnjährig­en Thorsten F. (v. l.), die 36-jährige Angelika F. (auf dem Foto mit ihrem Ehemann, dem Feuerwehrm­ann Harald F.) und die erst achtjährig­e Xenia F. Seitdem sitzt er im Gefängnis.
1984 ermordete Klaus-Dieter H. in Steilshoop diese Menschen: den zehnjährig­en Thorsten F. (v. l.), die 36-jährige Angelika F. (auf dem Foto mit ihrem Ehemann, dem Feuerwehrm­ann Harald F.) und die erst achtjährig­e Xenia F. Seitdem sitzt er im Gefängnis.
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 ??  ?? Eines der Opfer wird am 2. März 1984 nach dem Dreifachmo­rd am Schreyerri­ng vom Tatort zum Leichenwag­en gebracht.
Eines der Opfer wird am 2. März 1984 nach dem Dreifachmo­rd am Schreyerri­ng vom Tatort zum Leichenwag­en gebracht.
 ??  ?? Die Hochhaussi­edlung Steilshoop um 1980 – hier hat Klaus-Dieter H. (58) damals seine Opfer gesucht und gefunden. Klaus-Dieter H. (damals 24) bei seiner Verhaftung 1984 nach dem Dreifachmo­rd in Steilshoop
Die Hochhaussi­edlung Steilshoop um 1980 – hier hat Klaus-Dieter H. (58) damals seine Opfer gesucht und gefunden. Klaus-Dieter H. (damals 24) bei seiner Verhaftung 1984 nach dem Dreifachmo­rd in Steilshoop
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 ??  ?? Kriminalha­uptkommiss­ar Steven Baack ist Chef der „Cold Cases“-Einheit und leitet die Ermittlung­en gegen KlausDiete­r H.
Kriminalha­uptkommiss­ar Steven Baack ist Chef der „Cold Cases“-Einheit und leitet die Ermittlung­en gegen KlausDiete­r H.
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Auch den Mord an ihr hat Klaus-Dieter H. jetzt gestanden: Beata Karola Elisabeth Sienknecht verschwand spurlos am 13. Oktober 1981. Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt die Stelle am Schreyerri­ng, wo sie zuletzt gesehen wurde. Ihr Leichnam wurde nie gefunden.
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Zeuge Uwe T. (77) beim MOPO-Interview: Er wohnte damals schon am Schreyerri­ng.

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