Erpresser vergiftet Babynahrung und verlangt 10 Mio. Euro
Drogerie- und Supermärkte sollen zahlen. Weitere Anschläge im gesamten Bundesgebiet angekündigt
Friedrichshafen – Der Mann auf dem Video trägt eine Mütze, eine große Brille und Turnschuhe. Er ist etwa 50 Jahre alt und schiebt in einem Supermarkt einen Einkaufswagen vor sich her. Nur: Er kauft nicht ein. Im Gegenteil: Er stellt etwas in die Regale! Inzwischen ist die Polizei sicher, dass auf den Bildern der Mann zu sehen ist, der Handelskonzerne mit vergifteten Lebensmitteln erpresst. Er fordert angeblich 10 Millionen Euro.
Das Video entstand am 16. September, einem Sonnabend. Wenig später erhielten mehrere Handelsketten und auch die Polizei Erpresserbriefe mit dem Hinweis, wo vergiftete Nahrungsmittel zu finden seien. Beamte rückten aus und fanden tatsächlich fünf verdächtige Gläschen, darunter auch Babynahrung. Untersuchungen ergaben, dass der Erpresser Ethylenglykol in die Nahrung eingerührt hatte – eine klare, süß schmeckende Flüssigkeit. „Schon 30 Milliliter sind bei Erwachsenen gesundheitsgefährdend“, sagt Ministerialrätin Petra Mock vom baden-württembergischen Verbraucherschutzministerium.
Der Stoff ist giftig und greift nach dem Verschlucken zunächst das zentrale Nervensystem an, dann Herz und Nieren. In größeren Mengen könne Ethylenglykol tödlich sein, wenn nicht rechtzeitig ärztlich dagegen vorgegangen werde, so Mock.
Die Fahnder sprechen von einem „sehr skrupellosen Täter“. Er habe angekündigt, 20 verschiedene Lebensmittel zu vergiften, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger bei einer Pressekonferenz in Konstanz. Es sollen Unternehmen aus dem gesamten Bundesgebiet betroffen sein. Angeblich alle großen Drogerie- und Supermärkte. Auch Bezüge ins europäische Ausland können nicht ausgeschlossen werden. Borger: „Wir nehmen die Drohung sehr ernst!“
Zwar besteht laut Polizeivizepräsident Uwe Stürmer „kein Grund zur Panik oder Hysterie“. Dennoch bat er Kunden um besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit. Die Menschen sollten auf manipulierte Produkte achten und die Polizei informieren.
„Ordnungsgemäß verpackte Lebensmittel in Glasverpackungen haben üblicherweise einen Deckel, der nach innen gewölbt ist aufgrund des Vakuums.“Beim Öffnen, so Petra Mock, höre man ein Klacken oder ein „Plop!“. Bleibt das aus, sollte auf den Verzehr verzichtet werden.
Die Ermittler gehen zwar davon aus, alle vergifteten Gläser entdeckt zu haben. Es sei jedoch falsch, sich nur auf Babynahrung zu konzentrieren.