Sieben rote Linien gefährden Jamaika
„Obergrenze“bis „Kohleausstieg“: Die Tabuzonen der Neu-Koalitionäre
Berlin – In einer Woche sollen die ersten „Sondierungsgespräche“über die Bildung einer „Jamaika-Koalition“beginnen. Schon jetzt stecken alle vier Parteien ihre Territorien ab, ziehen „rote Linien“und werfen mit Begriffen um sich, die sie für „unverhandelbar“halten. Die MOPO hat sich sieben davon mal näher angesehen.
Obergrenze: Unter dem Eindruck des Sommers 2015 kam CSU-Chef Horst Seehofer auf die Idee, sich auf eine Obergrenze für Flüchtlinge festzulegen. Sonst unterschreibe er keinen Koalitionsvertrag ... Mögliche Kompromisse: Auf die Begrifflichkeit kommt es an: FDP und Grüne können sich vorstellen, die „Obergrenze“
in das viel weichere Wort Kontingent zu verwandeln – als reine Absichtserklärung.
Kohleausstieg: Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke wollen die Grünen sofort abschalten – Union und FDP bremsen, auch mit Blick auf ihre neue Koalition im „Kohle-Staat“NRW.
Möglicher Kompromiss: Vermutlich gönnt man den Grünen einen abgeschwächten Kompromiss – im Tausch gegen andere Zugeständnisse.
Diesel-Ausstieg: Grüne fordern das Aus für Verbrennungsmotoren ab 2030. Union und FDP sagen Nein.
Möglicher Kompromiss: Hier können Union und FDP auf grüne Hilfe aus Baden-Württemberg bauen. „Ihr habt keine Ahnung“, schrieb Landesvater Winfried Kretschmann Parteifreunden ins Stammbuch. Statt Verboten kommt die E-Offensive (Ladestationen, Kaufanreize).
Familiennachzug: Im Asylpaket II wurde der Familiennachzug von Tausenden Syrern bis März 2018 ausgesetzt. Die CSU will verlängern, Grüne und FDP nicht.
Möglicher Kompromiss: Mit Blick auf die überforderten Kommunen (und die allgemeine Stimmung) verlängert man die Zuzugssperre.
Einwanderungsgesetz: Grüne und FDP fordern es, nur die CSU sperrt sich. Möglicher Kompromiss:: Auch die CSU wird sich gegen die Forderungen bayerischer Unternehmer nicht sperren können – und der Zuwanderung (Hochqualifizierter!) zustimmen. „Zwei-Prozent-Wehretat“: Für die CDU, vor allem Fachministerin von der Leyen, das Ziel: gemäß NATO-Vorgabe die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des BIP anzuheben (derzeit: 1,2 Prozent). Grüne und FDP sind dagegen. Möglicher Kompromiss: Das ehrgeizige Ziel wird verwässert, weil selbst Merkel nicht darauf beharrt. Mehr Europa: Frankreichs Präsident macht Druck: Europa stärken – und neu erfinden. Grüne und Union sagen Ja. CSU und FDP eher nicht. Möglicher Kompromiss: Hier hat die Kanzlerin das Copyright: Setzt sie sich (im Verbund mit einem grünen Außenminister) an die Spitze der EU-Reformer, müssen FDP und CSU passen.