Traum-Comeback nach Albtraum-Start
Wiederkehrer Christopher Buchtmann stellt mit tollem Treffer Weichen auf Sieg Braunschweig mit miserabler Chancenverwertung. Janßen: „Grausame Halbzeit“
Fußball lebt zu großen Teilen vom Konjunktiv. Hätte Eintracht Braunschweig gestern nur einen Bruchteil seiner Großchancen in der ersten Hälfte genutzt, hätte jemand anders als Robin Himmelmann im Tor gestanden – der FC St. Pauli wäre in Niedersachsen wohl untergegangen. So aber siegte der Kiezklub nach deutlicher Steigerung mit 2:0 (0:0) und hat als Tabellensechster mit 16 Punkten Kontakt in die Spitzengruppe. Olaf Janßen wähnte sich im falschen Film. „Ich hab gedacht, mir hat jemand meine Spieler ausgetauscht“, sagte der Hamburger Trainer in Bezug auf eine erste Halbzeit, die seiner Ansicht nach als „grausam“zu bezeichnen war und den Coach zu einem bemerkenswerten Statement veranlasste. „Ich möchte mich in aller Form bei den mitgereisten Fans und denen vor dem Bildschirm entschuldigen“, sagte der 50-Jährige. „Alle werden sich gefragt haben: Was haben die beim Mittagessen zu sich genommen? Wir haben uns geschämt in der Pause.“
Da hätte der Drops längst gelutscht sein können. Braunschweig vergab im halben Dutzend Hochkaräter, unter anderem einen Strafstoß, kam auf 17:3 Torschüsse und 8:0 Ecken. „Es war klar, dass wir ein völlig anderes Gesicht zeigen müssen“, meinte Janßen, der nach 37 Minuten seine Jacke wutentbrannt auf die Tartanbahn gewuchtet hatte. Und siehe da: „Das hat dann auch funktioniert.“Mit der Einwechslung von Johannes Flum gewann die Mannschaft an Stabilität – und dann war da noch das Traum-Comeback des Christopher Buchtmann. Der hatte wegen einer Bän-
derverletzung mehrere Wochen gefehlt, war vergangenen Dienstag wieder ins Training eingestiegen. „Der Trainer hat mich gefragt, ob er mich mitnehmen soll, ob ich mir das zutraue“, erklärte Buchtmann später. „Ich hab gesagt, dass ich mich gut fühle. Und es hat ja auch geklappt.“
Kann man so stehen lassen. Erst nutzte der Top-Joker nach einem Doppelpass mit Cenk Sahin die erste Großchance der Gäste, blieb frei vor Keeper Fejzic cool und traf zum 1:0 (76.). „Allein wie er das gemacht hat, das ist schon Qualität“, zog Janßen den Hut vor seinem besten Knipser, der bereits vier Treffer auf dem Konto hat. „Ich bin froh, dass wir ihn haben!“Vier Minuten später bediente Buchtmann schließlich Sahin, der gegen resignierende Hausherren den Deckel draufmachte.
„Wir hatten das glücklichere Ende für uns“bilanzierte Janßen. „Genauso sollten wir das auch nehmen.“Sprach’s und ließ eine zweifelhafte Vorfreude auf die Video-Analyse des Spiels, vor allem der ersten Hälfte durchblicken: „Da haben mir die Jungs ein ganz schönes Brett serviert.“