Mehrere Großbanken, Energieriese, Seat und Freixenet in Panik – immer mehr Konzerne wollen aus der Region fliehen
Barcelona/Madrid Immer dramatischere Züge nimmt der Kampf der Katalanen um ihre Unabhängigkeit an. Mehrere Großbanken und Konzerne flüchten regelrecht aus der Region, weil sie schwere Wettbewerbsnachteile befürchten. Zu den Unternehmen, die sich aus Katalonien absetzen wollen, gehören die Großbanken Banco Sabadell und Caixa, der Auto-Gigant Seat, die weltbekannte Sektkellerei Freixenet und der Energieriese Gas Natural Fenosa.
Grund für den für Katalonien verheerenden Exodus: Katalonien wäre bei einer Abspaltung von Spanien nicht mehr Mitglied der Europäischen Union – und würde damit auch den Euro als Währung verlieren. Für die Unternehmen ein Horrorszenario, das ihnen schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile bescheren würde. Die Banken hätten zudem keinen Anspruch mehr auf Hilfe durch den Rettungsschirm der Europäischen Zentralbank – auch das ein böses Handicap. Die Unternehmen sitzen quasi in der „EU-Falle“.
Und Spanien unternimmt alles, um den Druck noch zu erhöhen. Der Abgeordnete der katalanischen Linksrepublikaner (ERC), Joan Tardà, wirft der spanischen Zentralregierung in Madrid sogar „Wirtschaftsterror“gegen die Region Katalonien vor. Der Parlamentarier reagierte damit auf die Entscheidung Madrids, Unternehmen die Verlagerung des Firmensitzes aus Katalonien zu erleichtern. Demnach reicht für einen Ortswechsel künftig eine Entscheidung des Aufsichtsrats. Eine Gesellschafterversammlung muss – wie bisher vorgesehen – nicht mehr einberufen werden.
Tardà weiter: Wenn Katalonien eine Sonderbehandlung erfahre, zeige das, dass Madrid eigentlich schon von der Unabhängigkeit ausgehe. Es gebe weiter keine Alternative zu Verhandlungen. Von katalanischer Seite sei der Prozess bisher völlig friedlich verlaufen. Sollte Madrid die autoritäre Linie gegen Barcelona durchziehen, werde es am Ende „politische Gefangene“in Spanien geben.
Der Streit um die Unabhängigkeit Kataloniens spaltet nicht nur die Zentralregierung in Madrid und die Regionalregierung in Barcelona, sondern auch die Bevölkerung. Bei der Volksabstimmung stimmten zwar 90 Prozent der Katalanen für die Unabhängigkeit – aber die Wahlbeteiligung lag gerade mal bei 43 Prozent. Am Wochenende kam es zu mehreren Großdemonstrationen. In Barcelona und Madrid gingen Zehntausende Gegner der Abspaltung auf die Straße. Den Vorschlag der Regionalregierung in Barcelona, einen internationalen Vermittler einzusetzen, lehnte Madrid ab. Begründung: Die Katalanen wollten einen Staatsstreich durchziehen.