Unterm Hammer: Die Papiere des Mauer-Bauers
Eilbek Auktionator Carsten Zeige bringt zerfledderten Personalausweis und Bahnfahrkarte des DDR-Chefs an den Mann
Von THOMAS HIRSCHBIEGEL
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“Dieser Satz ist in die Geschichte eingegangen. Gesagt hat ihn im Jahr 1961 DDR-Staatschef Walter Ulbricht (1893-1973). 56 Jahre danach kommen in Hamburg jetzt einmalige Dokumente aus dem Leben des „Mauer-Bauers“unter den Hammer.
Honecker, Mielke, Stoph und zuletzt der DDR-DevisenBeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski: Der Hamburger Auktionator Carsten Zeige hat ein Händchen für die Nachlässe von DDR-Größen. Am 21. Oktober versteigert er jetzt Dokumente von Walter Ulbricht. Das Angebot hat historischen Rang. So wird seine Mitgliedskarte (Nr. 2!) der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) aus dem Jahr 1945 zum Ausrufpreis von 1000 Euro angeboten. Die Mitgliedskarte der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) von 1946 wird auf 500 Euro geschätzt. Sie verfügt über die Unterschrift Ulbrichts, als Beruf ist angegeben: „Parteiarbeiter“. Gleich mit Fingerabdruck und Unterschrift ist der zerfledderte Personalausweis des Parteichefs aus dem Jahr 1945 versehen.
Eher kurios als historisch bedeutend ist der Freifahrtschein für die Deutsche Reichsbahn für den Landtagsabgeordneten Ulbricht von 1947 und eine Jahreskarte für die Rennbahn Hoppegarten.
Für Historiker wiederum interessant dürften Dokumente aus dem Besitz von Ulbrichts Frau Lotte sein. Unter dem Terrorregime Stalins hatte sie 1937 im Moskauer Exil Aussagen über Genossen machen müssen, die dort ebenfalls vor Hitlers Schergen Schutz gesucht hatten. Seit 1938 lebte sie in Moskau mit Ulbricht zusammen. Geheiratet wurde aber erst 1953 in der DDR. Doch auch vorher schon führte Lotte den Namen Ulbricht und zwar illegal, da sie offiziell noch Lotte Kühn hieß. Zur Versteigerung Lotte Ulbricht (19032002) war Ulbrichts zweite Ehefrau. kommt nun auch ein kurioses Schreiben Lotte Ulbrichts an den Chef der Sächsischen Polizei aus dem Jahr 1946. Sie bittet darum, offiziell Ulbricht heißen zu dürfen und begründet das so: „Diesen Familiennamen führe ich seit Jahren und bin unter ihm allgemein bekannt. Ich habe den Namen in gutem Glauben geführt ...“
Und woher stammen all die Gegenstände und Dokumente, die da jetzt versteigert werden? Der Auktionator hüllt sich in Schweigen. Nach MOPO-Informationen stammen sie aus dem Nachlass eines Berliner Kommunisten.