„Ich habe mich nicht damit arrangiert“
St. Paulis Torhüter spricht über die neue, alte Reservistenrolle und seine Perspektiven
Es war das Heimspiel gegen Kaiserslautern in der vergangenen Saison, in dem die Karriere des Philipp Heerwagen eine ebenso überraschende wie erstaunliche Wendung nahm – und auch die bis dahin total verkorkste Saison der Kiezkicker. Vom Dauerreservisten zum großen Rückhalt im Klassenkampf. Am Freitag, zehn Monate danach, empfängt St. Pauli wieder die „Roten Teufel“. Und Heerwagen ist wieder dort, wo er vor dem letzten Duell war. Eine Rolle rückwärts, die schmerzt. Nach wie vor.
Es ist ein Spiel, das Erinnerungen weckt beim 34-Jährigen. „Lautern war etwas Besonderes“, sagt Heerwagen im Gespräch mit der MOPO. Am 2. Dezember 2016 war er, der langjährige Bankdrücker, in der 31. Minute für den verletzten Robin Himmelmann in die Partie gekommen.
„Ein Wendepunkt“, sagt Heerwagen. Der 1,93-MeterHüne, der derzeit aufgrund einer Fußverletzung eine Trainingspause einlegen muss, blieb bis zum Ende der Saison in der Kiste und die Kiezkicker, die in der Folge nur noch dreimal verloren, dank der besten Rückrunde ihrer Geschichte in der Liga.
Geschichte ist auch „Heerwis“Zeit als Nummer eins. Die Degradierung zur Nummer zwei vor Saisonbeginn war ein schwerer Schlag. Seitdem ist einige Zeit vergangen, ein Viertel der Saison herum. Zeit, alles sacken zu lassen, zu verarbeiten.
Hat sich Heerwagen mit seiner neuen, alten Situation arrangiert?
„Nö“, antwortet er frei heraus. „Ich habe mich weder daran gewöhnt, noch mich damit arrangiert. Es ist immer noch schwierig.“Heerwagen betont: „Ich wäre fehl am Platz, wenn es anders wäre.“
Die Reservistenrolle ist ja nicht neu für ihn, im Gegenteil. „Ich bin ja als arbeitssuchender Bayer hierhergekommen“, erinnert er mit einem Schmunzeln an seine Anfänge beim Kiezklub, als er als vertragsloser Profi anheuerte und zunächst für die zweite Mannschaft spielte. Nummer zwei – das war lange Zeit akzeptabel. Aber: „Durch die letzte Saison hat sich die Perspektive verändert“, sagt er. „Ich habe gezeigt, dass ich auf hohem Niveau über einen längeren Zeitraum spielen kann.“
Mit dem Spielen ist es erst einmal vorbei. „Wenn Robin fit ist, ist er die Nummer eins, das habe ich im Sommer gesehen“, sagt Heerwagen über den Konkurrenzkampf. „Es ist nicht einfach, mit so einer Perspektive umzugehen.“Sein Vertrag läuft bis 2019, der von Himmelmann ebenfalls.
Heerwagen lässt sich nicht hängen, im Gegenteil. „Was ich bei St. Pauli gelernt habe: Wenn man auf die Fresse kriegt, dann schüttelt man sich und macht weiter. Man darf seinen Glauben nicht verlieren. Das, wie es jetzt ist, wird mich nicht aufhalten“, sagt er kämpferisch. „Ich habe noch ein paar Jahre vor mir, die werde ich nutzen.“
Er werde weiter ein absoluter Teamplayer sein, betont Heerwagen, seiner „Verantwortung als ältester Spieler“gerecht werden, in jedem Training Gas geben, bereit sein. „Ich bleibe dran. Im Fußball kann es ganz schnell gehen.“Wer wüsste das besser als Philipp Heerwagen?