Party mit O-Saft und Tränen
Pauline Schäfer Deutschlands neue Turn-Prinzessin feiert nach ihrem Gold-Coup bei der WM
In der Ära nach Fabian Hambüchen geben die Frauen im deutschen Turn-Team den Ton an. Pauline Schäfer und Tabea Alt wecken mit Gold und Bronze Hoffnungen für Olympia 2020.
In der Hotellobby wurde erst einmal mit Orangensaft angestoßen, aber auch Stunden später in der Disco im Alten Hafen von Montréal hatte Pauline Schäfer ihren Sensationserfolg am Schwebebalken noch nicht verarbeitet. „Das wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis ich das realisiere“, sagte die 20-Jährige.
Auch Cheftrainerin Ulla Koch war mitten in der Nacht noch völlig perplex: „Wir haben gestern schlecht trainiert. Aber wir wussten, woran es lag: Wir sind zu früh aufgestanden.“In der Stunde der Entscheidung habe sie am Ende genauso geheult wie die Mädels, gestand Koch. Pauline Schäfer konnte sich gar nicht mehr recht an ihre Übung erinnern. Nur soviel: „Der Moment, als ich ans Gerät ging, war richtig schlimm“, verriet sie ihre innere Nervosität.
Von dieser war aber trotz des Höllenlärms der 10 000 Zuschauer im Olympic Stadium nichts zu spüren. Die Sensation der Saarländerin gewinnt noch an Bedeutung, weil sie drei Wochen vor der WMQuali bei einem Trainingsunfall am Sprung eine Rückenverletzung erlitten hatte. Schmerzen sind seither ihr ständiger Begleiter. Ihr Freund Andreas Bretschneider massierte Schäfer gleich nach den Interviews den Rücken und das Schulterblatt. Zuvor hatte auch der Reck-Spezialist ein paar Tränen der Rührung nicht verbergen können.
Nach gut 60 Minuten – einem „Schäferstündchen“sozusagen – war die Party in der Disco für Pauline schon wieder vorbei. Disziplin ist bei ihr oberstes Gebot. Ende des Jahres besucht die TurnPrinzessin einen Bundeswehr-Lehrgang in Warendorf. Nach dem Training geht sie täglich bis 22 Uhr zur Abendschule und bastelt an ihrem Abitur. Ihre sportliche Reifeprüfung hat sie nun mit Bravour gemeistert.