Degowski bekommt neue Identität und Arbeitslosengeld eld
Nach fast 30 Jahren Haft kommt er frei. Er ist inzwischen 61 und wird von Bewährungshelfern streng kontrolliert
Köln – Es war eine der spektakulärsten Geiselnahmen der Nachkriegsgeschichte. 1988 hielten Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner die Republik in Atem, flüchteten nach einem missglückten Bankraub in Gladbeck durch halb Deutschland, erschossen zwei Geiseln, ein Polizist verunglückte tödlich. Nach fast 30 Jahren Haft wird Degowski nun aus dem Knast entlassen. Gutachter sind sicher, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht.
Die Freilassung wurde laut Landgerichtssprecher Johannes Kamp umfassend geprüft. Man habe Gutachten und Stellungnahmen eingeholt und sich den positiven Prognosen angeschlossen.
In einigen Monaten soll Degowski, inzwischen 61 Jahre alt, aus dem Gefängnis in Werl (NRW) in die Freiheit entlassen werden. Allerdings hat das Landgericht Arnsberg dazu klare Vorgaben gemacht. So soll er engmaschig kontrolliert werden. Sein zukünftiger Alltag, so die Anwältin Lisa Grüter im „Spiegel“, sei streng geregelt. Degowski sei umfassend auf die Freilassung vorbereitet, so die Anwältin. „Er hatte Ausgänge, auch unbegleitete, später Langzeiturlaube für drei, vier Tage.“Alles sei glattgegangen.
Degowski werde in Freiheit „nicht allein in einer Sozialwohnung sitzen“, sondern von einem „dichten Netz“von Betreuern empfangen. „Bewährungshelfer, Sozialarbeiter – es ist alles sehr gut vorbereitet.“Es sei dafür gesorgt, dass er etwas zu tun hat, was Struktur in seinen Tag bringt.
Zudem habe der 61-Jährige Anspruch auf Arbeitslosengeld nach seiner Haftentlassung. Dies stehe ihm wegen seiner Arbeit in der Haft zu, erklärte die Anwältin. Und er bekommt einen neuen Namen. „Damit ist er einfach nur dieses Stigma los, dass er sich mit Degowski vorstellen muss, dem Namen, der so viele Erinnerungen weckt“, so die Anwältin. Er wolle sich unter der neuen Identität ehrenamtlich engagieren. Degowski sei dankbar dafür, „dass er von der Gesellschaft noch eine Chance bekommt“.
Im August 1988 hatten Degowski und Rösner beim Gladbecker Geiseldrama die Republik in Atem gehalten. Drei Tage lang flüchteten sie nach einem missglückten Bankraub mit Geiseln vor der Polizei. Sie kaperten in Bremen sogar einen Linienbus, in dem sie an der Raststätte Grundbergsee den 15-jährigen Emanuele de Giorgi erschossen. Als eine Spezialeinheit auf der Autobahn 3 bei Bad Honnef den Fluchtwagen rammte, kam es zu einer heftigen Schießerei. Dabei wurde die Geisel Silke Bischoff von Rösner getötet. Der sitzt in Aachen in Sicherungsverwahrung. Ob auch er bald freikommt, ist völlig ungewiss.