SPD kann doch noch gewinnen
Jubel um Ministerpräsident Weil:
Hannover – Stehauf-Männchen Stephan Weil! Dem niedersächsischen Ministerpräsidenten ist ein spektakulärer Sieg gelungen. Seine SPD ist bei der Landtagswahl mit 37 Prozent klar stärkste Partei geworden. Der 56-Jährige hat damit gute Chancen, Ministerpräsident zu bleiben – die Frage ist nur: mit welchem Partner? Die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Bernd Althusmann landete bei verheerenden 33,6 Prozent. Zwischenzeitlich führte die Partei die Umfragen mit einem zweistelligen Vorsprung vor der SPD an, rutschte dann aber immer weiter ab.
Die Grünen stürzten drastisch ab, kommen nur noch auf 8,7 Prozent, auch die FDP verliert kräftig, landet bei 7,5 Prozent. Knapp gescheitert ist die Linkspartei – trotz Zugewinnen reichte es mit 4,6 Prozent nicht für den Landtag. Die rechte AfD kam bei den Niedersachsen auf 6,2 Prozent der Stimmen.
Dass die Niedersachsen nur drei Wochen nach der Bundestagswahl erneut an die Urnen gerufen wurden hing maßgeblich mit der schrägen Grünen-Hinterbänklerin Elke Twesten zusammen: Sie war am 4. August völlig überraschend aus ihrer Partei ausgetreten und in die CDU eingetreten. Dies kostete die rot-grüne Regierung die Ein-Stimmen-Mehrheit, mit der sie viereinhalb Jahre völlig geräuschlos regiert hatte. Twestens Motiv war Frust – geholfen hat es der CDU nun gar nicht, schlechter stand sie .
Der Wahlkampf war vor allem von den großen Unterschieden in der Schulpolitik geprägt. SPD und Grüne betonten Bildungsgerechtigkeit, die SPD versprach etwa, die kostenlose Schülerbeförderung bis Klasse 13 auszubauen. Die Grünen wollen
die Schulsozialarbeit fördern. Die CDU plädiert dagegen für Leistung und will, dass in den Grundschulen ab Klasse 3 wieder überall Noten gegeben werden.
Doch wer kann jetzt die Regierungsgeschäfte übernehmen? Eine große Koalition geht immer, ist aber nicht erste Wahl für Weil. Der setzt auf eine Fortsetzung des Erfolgs-Modells Rot-Grün – das komplizierte Wahlsystem im Land mit Überhangmandaten machte ihm am Abend eine Weile Hoffnung. Doch bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe fehlte es ganz knapp zur Mehrheit. Auf Hilfe von der FDP muss Weil nicht hoffen – die lehnte am Abend eine Ampel ab. Lieber wäre den Liberalen eine Jamaika-Koalition – da die Grünen gestern erstmal gar nichts ausschlossen, bleibt die Option auf dem Verhandlungstisch.
Doch auch ohne sichere Mehrheit: Bei der SPD herrschte gestern Euphorie. In Hannover, denn dieses Ergebnis ist ein Triumpf. Aber vor allem auch in Berlin, wo ein neuer Wahlflop Martin Schulz Chefsessel in einen Schleudersitz verwandelt hätte. Weil habe „in diesem Wahljahr die Ehre der SPD gerettet“, so die verzückte Parteivize Manuela Schwesig.