Hamburger Morgenpost

Die Reise nach Jamaika beginnt mit Schnittche­n

„Gutes Gefühl“bei der CDU nach Sondierung­srunde für Dreier-Bündnis. Die großen Probleme kommen noch

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Berlin – Wo geht’s hier bitte nach Jamaika? CDU, CSU, FDP und Grüne haben sich erstmals zu Gesprächen über ein mögliches Bündnis mit diesem Namen getroffen. Die Stimmung war gut, die Mienen fröhlich. Doch das dürfte sich schon bald ändern – wenn die wirklich schwierige­n Themen auf den Tisch kommen.

Kaffee und Kuchen für alle, dazu ein paar Schnittche­n: Ein wenig Plauderstü­ndchen-Atmosphäre herrschte gestern in der Parlamenta­rischen Gesellscha­ft gegenüber dem Reichstag in Berlin, als sich CDU/CSU zuerst mit der FDP, dann mit den Grünen zu ersten Sondierung­sgespräche­n trafen. Die erste Runde dient traditione­ll vor allem dem gegenseiti­gen „Beschnuppe­rn“.

Am Ende waren alle mit dem Ergebnis zufrieden. Es sei „kein schlechter erster Tag“gewesen, sagte CSUChef Horst Seehofer. Grünen-Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner sprach von einem „guten und konstrukti­ven Treffen“, CDU-Generalsek­retär Peter Tauber von „zwei guten Gesprächen mit Grünen und FDP“. Erste Schritte seien geschafft worden, ergänzte FDP-Generalsek­retärin Nicola Beer.

So weit so gut. Doch bei vielen Themen liegen die Parteien über Kreuz. Ein Überblick: Zuwanderun­g: Die Grünen lehnen Abschiebun­gen nach Afghanista­n ab und haben sich bisher geweigert, die nordafrika­nischen Maghreb-Staaten als „sichere Herkunftsl­änder“einzustufe­n. CDU und CSU haben sich untereinan­der geeinigt, die Zahl der Asylantrag­steller auf 200000 im Jahr zu begrenzen. Prognose: Die Grünen werden Abstriche machen müssen, der FDP dürfte eine Vermittler­rolle zufallen. Die Migration wird über ein eigenes Zuwanderun­gsgesetz völlig neu geregelt.

Umwelt/Energie: Die Grünen wollen den Ausstieg aus den fossilen Brennstoff­en – FDP und Union sind dagegen. Prognose: Ohne Erfolge in der Umweltpoli­tik werden die Grünen keinen Koalitions-Vertrag unterschre­iben. Deshalb wird es womöglich den „Einstieg in den Ausstieg“beim Verbrennun­gsmotor geben und als konkretes Zugeständn­is die Abschaltun­g von Kohlekraft­werken.

Soziales: Die FDP will die Sozialausg­aben deckeln. Union und Grüne sehen aber Handlungsb­edarf, vor allem in der Armutsbekä­mpfung. Prognose: Union und Grüne

„Mit den Grünen wird es härter und schwierige­r.“Andreas Scheuer (CSU)

ziehen an einem Strang, die FDP wird oft nachgeben müssen. Sicherheit: Alle Parteien wollen mehr Polizisten einstellen. Die Union setzt auf einen starken Staat. Grüne und FDP sehen sich aber als Kämpfer für Bürgerrech­te. Prognose: Der Spielraum eines Unions-Innenminis­ters wird klein sein.

Finanzen: Die Grünen wollen eine Vermögenst­euer für „Superreich­e“. Die FDP fordert die Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s. Prognose: Steuererhö­hungen (auch für Reiche) wird es mit FDP und Union nicht geben. Der „Soli“wird womöglich stufenweis­e abgeschaff­t.

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Immer schön lächeln: Polit-Prominenz von CDU, CSU und FDP vor dem ersten Sondierung­sgespräch in der Parlamenta­rischen Gesellscha­ft gegenüber dem Reichstag

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