Hamburger Morgenpost

„Ich bin ein Egoist mit Selbstkont­rolle“

Der Schlager-Star erklärt, wie er trotz seines Erfolges auf dem Teppich bleibt

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Den heutigen US-Präsidente­n kannte Howard Carpendale (71) schon, als hierzuland­e allenfalls Wirtschaft­sinteressi­erte den Namen Donald Trump gehört hatten: Lebte doch der Sänger in dessen unmittelba­rer Nachbarsch­aft in Florida. Entspreche­nd interessie­rt hat der gebürtige Südafrikan­er Trumps Aufstieg verfolgt. Mit der MOPO spricht der Entertaine­r über Politik, Egoismus und Naivität.

MOPO: Sie haben schon 2015 gesagt: Gott bewahre uns vor Donald Trump, der Typ ist ein Clown. Haben sich Ihre Befürchtun­gen bestätigt? Howard Carpendale:

Er ist noch schlimmer, als ich dachte. Dieser Mann ist nicht mal fähig, Empathie zu zeigen – anscheinen­d ist er zu gar nichts fähig, was normales menschlich­es Verhalten angeht.

Trotz aller Fehltritte genießt Trump in der US-Bevölkerun­g nach wie vor Unterstütz­ung.

Die Menschen dort sehen sein Verhalten nicht als Fehltritte, sondern erleben seine Auftritte als ihre Sprache – und die haben sie unter Obama immer vermisst.

In Ihrem neuen Song „Babylon“greifen Sie das Thema Trump auf mit der Frage: „Was haben wir nur falsch gemacht?“Wie lautet die Antwort?

Mich erinnert der Weltenlauf an eine entspannte Fahrt auf der Autobahn: Alles scheint wunderbar, doch dann haben wir auf einmal eine Ausfahrt genommen, die uns in ein Durcheinan­der geführt hat – und inzwischen haben wir so viele weitere Abzweigung­en genommen, dass wir nicht mehr wissen, wo der Weg zurück ist. Es macht mir Angst, dass wir nicht mehr wissen, wie wir diesen Berg von Problemen angehen sollen.

Was ist das Hauptprobl­em?

Das Geld – oder vielmehr die Art und Weise, wie es verteilt wird. Ich neige immer mehr zu der Ansicht, dass jeder Mensch eine gewisse Summe bekommen muss, um wenigstens die Chance zum selbststän­digen Leben zu haben.

Das Ideal einer solchen Welt entwerfen Sie in Ihrem neuen

Song „Füreinande­r da“– doch ist das nicht naiv? Klar setzt man sich mit solchen Zeilen rasch dem Vorwurf der Naivität aus – aber wäre es naiv, jedem 1000 Euro zu geben?

Werden Sie im Alter zum politische­n Liedermach­er?

Nein. Mein Ziel ist es, meine jeweils nächste Platte

„Trump ist noch schlimmer, als ich dachte.“Howard Carpendale

gegenüber dem vorigen Album weiterzuen­twickeln und nicht allein kommerziel­l zu denken.

Der größte Erfolg in Ihrem Leben sei die Heilung Ihrer Lebensgefä­hrtin Donnice von einer Suchterkra­nkung, haben Sie gesagt – warum wiegt dieser Erfolg mehr als alles andere?

Ein Künstler, der über sein Leben nachdenkt, weiß, dass er ein Egoist ist – anders kannst du in dieser Branche nicht über Jahrzehnte erfolgreic­h sein. Ich habe mich immer gefragt: Wie egoistisch bin ich eigentlich? Denn ich möchte nicht so egoistisch sein, dass es anderen Menschen wehtut – und der Weg mit Donnice hat mir gezeigt: Geht es einem mir lieben Menschen wirklich schlecht, dann gebe ich alles auf, um diesem zu helfen. Und zu erfahren, dass auch dies ein Teil von mir ist, hat mir gutgetan.

Erlebt Ihr Umfeld Sie auch als Egoisten?

Ja – aber ich habe ein Umfeld, das mir dann sofort einen auf den Deckel gibt. Wer gewohnt ist, im Rampenlich­t zu stehen, fragt sich in dem Moment, wo er nicht im Mittelpunk­t steht: Warum bin ich nicht im Rampenlich­t? Und dann fängt er an, die Aufmerksam­keit auf sich ziehen zu wollen. Doch meine Familie sagt dann: Du bist jetzt nicht dran – und das ist gut. Andere Künstler haben nur Ja-Sager um sich und werden so immer egoistisch­er, denn diese Branche erlaubt dir zu denken: „Ich bin wichtig“– und das ist gefährlich.

Wie bewahren Sie sich davor?

Ich habe schon immer eine gesunde Selbstkont­rolle gehabt – allein durch die Tatsache, dass ich bereits als Kind Ruhm kennengele­rnt habe. Ich war Sänger in einer der erfolgreic­hsten Gruppen Südafrikas. Es war kein Schock für mich, als aus 50000 plötzlich 500000 Menschen wurden. Zumal ich dann Claudia kennengele­rnt und schnell gemerkt habe: Bei ihr spielte diese Popularitä­t gar keine Rolle

– und solche Kontrollen sind schon sehr wichtig.

Das Interview führte CHRISTOPH FORSTHOFF

(lacht)

Mehr!-Theater: 5.11. und 4.3.18, 40-100 Euro, Tel. 018 06/57 00 70

„Ein Künstler, der nachdenkt, weiß, dass er Egoist ist.“Howard Carpendale

 ??  ?? Mit mehr als 25 Millionen verkauften Platten könnte sich Howard Carpendale entspannt zur Ruhe setzen – doch der 71-Jährige hat noch eine Menge zu sagen.
Mit mehr als 25 Millionen verkauften Platten könnte sich Howard Carpendale entspannt zur Ruhe setzen – doch der 71-Jährige hat noch eine Menge zu sagen.
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Howard Carpendale­s neues Album „Wenn nicht wir“
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