„Fassungslos, warum das passieren
Todesdrama in der Gartenlaube – Vater von zwei Opfern vor Gericht:
Würzburg – Es ist ruhig im Saal des Landgerichts, während der Verteidiger des Angeklagten dessen Erklärung verliest. Nur das Schluchzen von Andreas P. (52) durchbricht die Stille. Der Vater hat seine zwei ältesten Kinder verloren – weil er einen Stromgenerator in seiner Gartenlaube falsch aufgestellt hatte. Seine Tochter, sein Sohn und vier ihrer Freunde, 18 und 19 Jahre alt, starben deshalb im Januar an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung.
„Nach wie vor bin ich fassungslos, wie und warum das passieren konnte. Ich will aber keine Schuld von mir weisen.“Andreas P. übernimmt am ersten Prozesstag die volle Verantwortung. Der Vater steht wegen sechsfacher fahrlässiger Tötung vor Gericht. Der im Technikraum des Häuschens aufgestellte Stromgenerator war nicht für Innenräume geeignet. Laut Anklage soll der 52-Jährige zudem eine wackelige Abgasableitung gebastelt haben, die zusammengebrochen war.
Erst 2013 hatte der Familienvater das Grundstück mit dem Gartenhaus gekauft, es renoviert, modernisiert, eine Solaranlage installiert. Den benzinbetriebenen Generator besorgte er, damit auch Geräte mit einem höheren Strombedarf genutzt werden können.
Vor Gericht beschreibt der Kraftfahrer die Vorbereitungen für den 18. Geburtstag seiner Tochter. Damit es die jungen Leute warm haben, fuhr er drei Mal zum Grundstück. Er heizte den Holzofen an, brachte später die Geburtstagstorte. Der Stromgenerator lief. Zwei seiner drei jüngeren Kinder schauten während der Vorbereitungen im Häuschen Fernsehen.
Am Abend kamen seine Tochter und die fünf Jungs. Er habe ihnen noch viel Spaß gewünscht und gesagt, dass sie es nicht übertreiben sollen. Das Telefon legte er beim Schlafengehen neben das Bett. „Damit ich es mitbekomme, falls die Kinder noch etwas brauchen.
Ich hörte aber nichts mehr von ihnen.“Das tödliche, geruchlose Gas hatte sich schnell ausgebreitet. Der Anklageschrift zufolge starben die sechs Teenager schon ein bis zwei Stunden, nachdem die Party um 21 Uhr begonnen hatte.
Die Verzweiflung von Andreas P. ist deutlich spürbar. „Sie alle waren Freunde, sie alle waren noch so jung.“Er selbst fand die Jugendlichen am Morgen. Erst habe er gedacht, sie schliefen noch. „Mein erster Gedanke war, dass sie zu viel getrunken hatten.“Doch als er seine Tochter sanft wecken wollte, fühlte sie sich kalt an. Wenig später sei ihm klar geworden, „dass etwas Schreckliches passiert ist“.
Das Schicksal des 52-Jährigen geht vielen Prozessbeobachtern nahe.
Seine Verteidiger könnten auf den Paragrafen 60 des Strafgesetzbuches plädieren. Demnach kann ein Gericht von einer Strafe absehen, wenn die Folgen der Tat für den Täter bereits so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre. Gerichtssprecher Michael Schaller gab allerdings zu bedenken, dass nicht nur die Kinder des Angeklagten, sondern auch vier weitere Jugendliche in der Gartenlaube starben. Zwei Familien sitzen als Nebenkläger im Gerichtssaal. NebenklageAnwalt Wolfgang Kunz über seine Mandanten: „Es geht ihnen nicht gut. Sie haben ihr einziges Kind verloren.“