Psssst, leise lesen!
In der Spezialkammer einer US-Firma hört man nur sein eigenes Blut pulsieren
New York – Endlich Stille! Endlich den ganzen Lärm des täglichen Lebens hinter uns lassen. Sehnsucht nach Ruhe – wer kennt das nicht? Was aber geschieht, wenn da plötzlich gar kein Geräusch mehr ist, absolute Ruhe? Am „stillsten Ort der Welt“kann das jeder testen. Und er wird erfahren: Es ist nicht zum Aushalten!
Bei den Orfield Laboratories in Minneapolis (USBundesstaat Minnesota) gibt es einen Raum, in dem es ganz, ganz leise zugeht. Die Firma hat eine Kammer entwickelt, in der unglaubliche 99,99 Prozent des Schalls absorbiert werden.
Schall, seine Stärke wird in Dezibel (dB) gemessen, gibt es überall. Verkehrslärm zum Beispiel. Oft sind wir ganztags Pegeln von mehr als 65 dB ausgesetzt. Ein normales Gespräch hat etwa die Lautstärke von 60 dB, wenn wir schlafen (und nicht schnarchen) sind es 30 Dezibel. Im Stille-Raum der Orfield Laboratories wurden dagegen minus neun Dezibel gemessen!
Laut Firmengründer Steven Orfield ist der „stillste Ort der Welt“dreifach gegen Schallwellen gesichert: „Es ist ein Raum in einem Raum in einem Raum.“Er ist isoliert mit dickem Schaumstoff, die Kammer selbst ist aus meterdickem Fiberglas gefertigt und aufwendig vom Boden und dem Rest des Gebäudes entkoppelt.
Die Kammer kann man gegen eine kleine Spende kurz besuchen. Doch wer glaubt, er finde hier himmlische Ruhe, der irrt gewaltig. Denn normalerweise orientiert sich der Mensch an Geräuschen. Jede Bewegung bedeutet eine akustische Information. Weil am „stillsten Ort der Welt“aber der gesamte Schall absorbiert wird, werden die Besucher schon nach wenigen Minuten unruhig. Sie hören, wie das Herz pumpt, das Blut pulsiert und die Lungen arbeiten. Da das Gehör quasi kein Feedback mehr hat, verliert der Mensch hier schnell die Orientierung und sogar die Balance. Halluzinationen stellen sich ein. „Länger als 45 Minuten“, so Steven Orfield, „hat es hier noch keiner ausgehalten.“
Die Kammer steht als „stillster Raum der Welt“im Guinness-Buch der Rekorde. Dabei ging es hier früher laut zu: Auf dem Gelände befand sich das erste Digitalstudio, in dem Songs von Dylan, Prince und Brubeck aufgenommen wurden.