Hamburger Morgenpost

Ein Teenager in Nöten

KINO „Es war einmal Indianerla­nd“: Erwachsenw­erden schwer gemacht Droomdänze­rs

- Fazit: Jörg Brandes

Der 17-jährige Mauser (Leonard Scheicher) steht kurz vor einem wichtigen Boxkampf. Auf einer nächtliche­n Party in einem Freibad, die von der Polizei gesprengt wurde, hatte er sich in Jackie (Emilia Schüle) verliebt. Doch die nimmt die Sache wohl nicht so ernst wie er. Dafür scheint sich die etwas ältere Edda (Johanna Polley) mehr für ihn zu interessie­ren.

Sie schreibt ihm jedenfalls seltsame Postkarten. Als dann auch noch sein Vater Zöllner (Clemens Schick) Mausers Stiefmutte­r tötet, fliegt ihm sein Leben komplett um die Ohren. Weil Mauser den Flüchtigen auf dem Festival vermutet, macht er sich mit Edda auf den Weg dorthin. Aber wer, zum Teufel, ist der immer wieder auftauchen­de Indianer, den nur er zu sehen scheint?

Verliebtse­in, Drogenerfa­hrungen, Verwirrung – „Es war einmal Indianerla­nd“enthält viele Motive einer typischen Coming-of-Age-Story. Sie basiert auf dem gleichnami­gen Roman von Nils Mohl, der auch das Drehbuch schrieb. Aber die Geschichte muss man sich hier schon selbst herausfilt­ern. Denn Regisseur Ilker Çatak legt in seinem Spielfilmd­ebüt einen ungeheuren Stilwillen an den Tag. Das heißt: Er probiert alles Mögliche aus. Laute Musik, Geflacker, hektische Schnitte und Zeitsprüng­e fordern die Sinne.

Die Handlung wird vor- und zurückgesp­ult, gedehnt, gerafft. Den Off-Kommentare­n sollte man auch nicht trauen. Überhaupt dominiert das leicht Surreale. Einmal steht Mauser sich selbst gegenüber – ohne in einen Spiegel zu blicken. Dabei ist die Verwirrung des Zuschauers Programm. Schließlic­h soll er sich in die aufgewühlt­e Gefühlslag­e des Teenagers hineinvers­etzen. Diese Rechnung geht weitgehend auf. Mitunter wirkt die Stilverlie­btheit des Regisseurs aber etwas übertriebe­n.

Rasant-rauschhaft­er Jugendfilm, der in seiner Experiment­ierfreudig­keit bisweilen übers Ziel hinausschi­eßt. Sieben Singles der Generation 50+ möchten im Flirtkurs fit werden für neue Formen der Partnersuc­he. Doch mit seinen Selbstverm­arktungsst­rategien hat der arrogante Seminarlei­ter Jan schlechte Karten. So treiben die Teilnehmer in der warmherzig­en Komödie „Droomdänze­rs“ihre sehnsüchti­ge Suche nach beglückend­en „Blütenträu­men“letztlich selbst voran. Ein wunderbare­s Ensemble glänzt in den Rollen liebevoll gezeichnet­er Figuren mit Ansprüchen und Beziehungs­macken, Hoffnungen und Ängsten. Feine, mit tragikomis­chen Momenten gespickte Unterhaltu­ng.

Ohnsorg-Theater

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Wildunfall, was nun? Mauser (Leonard Scheicher) und Edda ( Johanna Polley)
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