Warum war der Vater noch in Deutschland?
Neugraben-Fischbek Suche nach Behördenfehlern – Täter auf der Flucht
Von MIKE SCHLINK
Warum brachte Sohail A. (33) seine Tochter Sofia (✝2) um? Solange er auf der Flucht ist, wird es darauf wohl keine Antwort geben. Fest steht: Der abgelehnte Asylbewerber hätte Deutschland noch vor der Geburt seines Kindes verlassen sollen – stattdessen lebte er hier jahrelang ohne Erlaubnis. Haben die Behörden gepennt? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie lief das Asylverfahren? Ende 2011 kam der Pakistaner Sohail A. nach Deutschland, bat in Hessen um Asyl. Das Bundesamt für Migration lehnte den Antrag ab. In der Regel dauert die Antrags-Prüfung ein bis zwei Monate. „In diesem Fall hat es rund sechs Monate gedauert“, sagt Florian Käckenmester, Sprecher der Hamburger Ausländerbehörde.
Warum wurde Sohail A. ➤ nicht abgeschoben? Weil die
notwendigen Unterlagen
fehlten, wurde er geduldet. Der 33-Jährige soll unter anderem keinen Pass gehabt haben. Das Land Hessen musste die Dokumente erst einmal im Heimatland anfordern. „Was das betrifft, ist Pakistan kein einfacher Ansprechpartner“, so Käckenmester. Und: Vieles hänge von der Zusammenarbeit mit den Betroffenen ab. Heißt:
Falls Sohail A. keine richtigen Angaben zu seiner Person gemacht hat, konnten auch keine Dokumente besorgt werden. Ganz unwahrscheinlich ist das nicht, schließlich tauchte sein Pass wieder auf, als er im Februar 2016 in Hamburg eine Aufenthaltserlaubnis beantragte.
„Es wird immer die familiäre Situation betrachtet.“Sprecher der Ausländerbehörde
Wie reagierten die Behörden ➤ in Hamburg? Ein Jahr lang wurde der Antrag geprüft, im März 2017 jedoch
abgelehnt. Dagegen legte Sohail A. Widerspruch ein. „Der Fall wird dann neu geprüft, das dauert oft noch einmal so lange“, so Käckenmester. Für Behörden gebe es keine Fristen, binnen einer bestimmten Zeit solche Anträge zu prüfen.
Spielt die Familiensituation bei der Prüfung eine Rolle?
Laut Ausländerbehörde wird „immer der familiäre Gesamtzusammenhang betrachtet“. Sohail A. hatte 2014 Lubna A. (32) nach islamischem Recht geheiratet, bekam mit ihr Tochter Sofia. In seinem Widerspruch hat sich Sohail A. darauf bezogen. Sein Anwalt erreichte zumindest mit einem Eilantrag einen sogenannten Hängebeschluss des Verwaltungsgerichts, das heißt, der Mann durfte aufgrund der familiären Bindung vorerst nicht abgeschoben werden. Das sei nun obsolet, so die Ausländerbehörde.
Das Jugendamt kannte die Familie. Gibt es neue Infos?
Eine erste Aktendurchsicht habe ergeben, dass zwei Mal das Wort Kindeswohlgefährdung gefallen sei, heißt es vom Bezirksamt Harburg. Der Verdacht habe sich aber in beiden Fällen nicht bestätigt. Dennoch: Die Polizei wurde mehrfach wegen häuslicher Gewalt gerufen. Zurzeit fahndet sie nach dem Flüchtigen.