Hier wird ein MOPO-Reporter zum „Rugby-Opfer“
Eine Einheit mit dem Bundesliga-Team des HRC wurde zur schmerzhaften Erfahrung
Knapp zwei Meter groß, Glatze, langer, roter Rauschebart. Torben Harms ist der erste, der mich am Sportplatz an der Saarlandstraße begrüßt. Sofort beschleicht mich ein mulmiges Gefühl. Für die MOPO nehme ich an einem Training des Hamburger Rugby-Bundesligisten HRC teil. Und, um es vorwegzunehmen, ich hatte schon bessere Ideen.
Rugby kannte ich nur aus dem Fernsehen. Als ich ein Auslandssemester in Australien verbrachte, lief der Sport dort fast rund um die Uhr. Die Regeln muss mir Harms dennoch erklären. Ziel des Spiels ist es, den Ball – ein ziemlich krummes Ding – in die gegnerische „Malzone“, vergleichbar mit der Endzone im American Football, zu tragen oder zu kicken.
Es gibt 15 Feldspieler pro Mannschaft. Diese werden in acht Stürmer, sechs Verteidiger und einen „Verbinder“aufgeteilt. Anders als beim Football tragen die Spieler keine spezielle Schutz-Ausrüstung, lediglich ein Mundschutz ist Pflicht.
Schon beim Aufwärmen, bei dem die Gedanken- und Handlungsschnelligkeit trainiert wird, rinnt mir der Schweiß über den ganzen Körper. Irgendwann sitzt dann ein 100-Kilo-Koloss auf meinen Schultern, um einem Mitspielerpärchen den Ball abzuluchsen. Die Trainer Jan Höhler und Michael Klodzinski sowie Stürmer Christian Lazco, der auch die HRC-Pressearbeit macht, rufen mich zu sich. Zeit zum Verschnaufen? Denkste. Ich soll Tacklings üben.
60 Sekunden später brummt mir der Schädel gewaltig: dreimal werde ich innerhalb kürzester Zeit von der Seite umgehauen – im Spiel kann das noch häufiger vorkommen, allerdings werden Spieler ja im Training darauf vorbereitet. Mit pochendem Arm und dröhnendem Schädel werde ich zu den restlichen Jungs geschickt, ein paar Minuten „echte“Spielzeit stehen mir bevor.
Die wichtigste Erkenntnis: Rugby ist viel taktischer als gedacht. Für einen Laien wie mich ist es fast unmöglich den Vor- und Rückwärtsbewegungen meiner Mitspieler zu folgen. Die Angreifer dürfen den Ball nur rückwärts passen. Wird man getackelt, wird der Ball im besten Fall für den Mitspieler abgelegt.
„Es klingt so banal, aber so ist es einfach: Wir sind eine Familie“, erklärt mir Coach Höhler, als er mich nach dem erlösenden Ende des anstrengenden Trainings auf ein kühles Bier einlädt. „Die Jungs kommen her, wir trainieren und dann geht es in die dritte Halbzeit.“
Am nächsten Morgen werde ich von Kopfschmerzen geweckt, fast überall habe ich blaue Flecke. Die Leidenschaft, mit denen die Spieler des HRC zu Werke gehen, haben mir aber dennoch eines gezeigt: Ich komme wieder. Als Fan.
„Es klingt banal, aber so ist es: Wir sind eine Familie.“HRC-Trainer Jan Höhler