Steinwerder
Angler und Umweltverbände in Sorge: Wertvolle Hafenbecken sollen zugeschüttet werden!
Von SANDRA SCHÄFER
Dicke Pötte, Terminals, Kaimauern und Lärm. Der Hamburger Hafen klingt nicht nach einem lauschigen Platz für Fische. Aber das täuscht. Viele flache Hafenbecken sind eine ideale Kinderstube für den Hamburger Flossen-Nachwuchs. Doch Angler sind alarmiert. Im Zuge der Neuplanung von Steinwerder sollen ausgerechnet diese wertvollen Becken zugeschüttet werden.
Der passionierte Angler Oliver Stroinski (54) aus Fischbek nutzt jede freie Minute für sein Hobby. Einer seiner liebsten Angelplätze ist der Travehafen in Steinwerder. Ein Fleckchen Stadt im Schatten der Köhlbrandbrücke, das außer Hafen-Mitarbeitern und Nutzern des Alten Elbtunnels kaum jemand kennt. Stroinski versteht nicht, warum auf Steinwerder alles neu gemacht werden soll: „Es kann doch nicht sein, dass hier schon wieder ein Stück Kinderstube Rotaugen, Rapfen und vernichtet wird.“
Steinwerder ist das zentrale Filetstück im Herzen des Hafens und soll ganz neu überplant werden. Im Hafenentwicklungsplan ist es für Logistik und ContainerTerminals vorgesehen. Dort ist die Rede von „ganz neuen Flächenzuschnitten“und „Verfüllung von Hafenbecken“, bei der bis zu 125 Hektar neue Landfläche entstehen könnten.
Nicht nur Angler, auch Naturschützer halten nichts von solchen Plänen. BUNDChef Manfred Braasch: „Gebiete wie der Travehafen weisen eine enorme Artenvielfalt auf und dienen als Rückzugsraum und Kinderstube für Elbfische.“Für alle klassischen Süßwasserfische wie Rotaugen (Plötze), Aland und Brassen sind sie das wichtigste Aufwuchsgebiet. Auch Flußbarsche leben hier.
Problematisch ist das Verfüllen von Hafenbecken auch, weil die Elbe dann für Co noch öfter ausgebaggert werden muss. Und die gigantischen Rüssel der Saugbagger nehmen mit dem Sediment auch Fische, Laich, Larven und Muscheln auf. Bereits im vergangenen Jahr hat die Stadt die neue Rekordsumme von 99,1 Millionen Euro fürs Ausbaggern der Elbe gezahlt.
Die Behörden versuchen daher händeringend, neuen Flutraum für die Elbe zu schaffen. Denn nur wenn der Fluss Platz hat, kann der Strom verlangsamt werden und rauscht bei Flut nicht mit enormen Mengen Sediment in den Hafen. „Die Zuschüttung von Hafenbecken konterkariert geradezu diese Bemühungen um neuen Flutraum“, so Braasch.
Die Wirtschaftsbehörde weist das zurück. Im „Forum Tideelbe“sei gemeinsam mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein bereits die Schaffung großräumiger Fluträume geplant worden. Behörden-Sprecherin Susanne Meinecke: „Diese Maßnahmen können die kleinräumige Verfüllung eines Hafenbeckens deutlich überkompensieren.“
Eine dieser Maßnahmen wird gerade in Kreetsand bei Wilhelmsburg abgeschlossen. Kosten: mehr als 60 Millionen Euro. BUND-Chef Manfred Braasch kontert: „Durch das Zuschütten des Travehafens wird nun gerade dieser positive Effekt für die Tideelbe zum Teil wieder aufgehoben.“
Welche Hafenbecken und wie viel Fläche in Steinwerder zugeschüttet werden, das steht noch nicht fest. Im Juli endete ein Ideenwettbewerb, bei dem zwei der Sieger den Travehafen beziehungsweise den direkt daneben liegenden Oderhafen zuschütten wollen. Die Wirtschaftsbehörde hält sich bei ihren konkreten Plänen bedeckt. Susanne Meinecke: „Wir sind noch in der Findungsphase.“