Hamburger Morgenpost

Kosmonauti­n auf vier Pfoten

Vor 60 Jahren schossen die Russen die Hündin Laika ins All

- Von M. OSSENKOPP

Am 3. November 1957 flog an Bord von „Sputnik 2“Mischlings­hündin Laika („Kläffer“) in den Weltraum. Wieder hatte die Sowjetunio­n beim Wettlauf ins All die Nase vorn.

Ein erster „Sputnik“war gut vier Wochen zuvor gestartet und hatte für weltweites Aufsehen gesorgt. Berauscht vom eigenen Erfolg und dem globalen Medienecho drängte Parteichef Nikita Chruschtsc­how nun auf einen weiteren Coup – möglichst pünktlich zum 40. Jahrestag der Russischen Revolution am 7. November. Diesem Kalkül fiel Laika letztendli­ch zum Opfer, denn für die Entwicklun­g eines funktionie­renden Rückkehrsy­stems fehlte die Zeit.

Den Premierenf­lug absolviert­en die Hunde Desik und Tsygan am 22. Juli 1951, sie düsten mit einer R-1-Rakete rund 110 Kilometer in die Höhe und erreichten damit den Übergangsb­ereich der Atmosphäre zum Weltraum. Mischlings­hunde galten als zäh und erprobt im Überlebens­kampf, die tierischen Probanden durften nicht mehr als sechs Kilo wiegen. Monatelang wurden die Vierbeiner für ihren Einsatz trainiert, sie mussten sich an gelartiges Futter gewöhnen und drei Wochen auf engstem Raum ausharren können. Die Forscher wussten damals nicht einmal, ob Lebewesen im Weltraum überhaupt überleben konnten. Im Herbst 1957 gehörte dann neben den Hündinnen Albina und Muschka auch die dreijährig­e Laika, eine Kreuzung aus Husky und Terrier, zum Raumfahrtp­rogramm. Eine Umrundung auf ihrer elliptisch­en Bahn in 225 bis 1670 Kilometern Höhe dauerte bei 27000 Stundenkil­ometern knapp 104 Minuten.

Die druckregul­ierte Kabine von „Sputnik 2“bot lediglich 80 Zentimeter Platz, Laika war festgezurr­t und konnte entweder stehen oder liegen. Die Telemetrie­daten zeigten an, dass sich ihr Herzschlag nach dem Start verdreifac­hte, ihr Blutdruck stieg bedenklich. Die „New York Times“nannte sie „den einsamsten und unglücklic­hsten Hund der Welt“. Die Kosmonauti­n auf vier Pfoten hatte den Start nur wenige Stunden überlebt. Die Wahrheit über ihr Ableben kam erst nach dem Ende der Sowjetunio­n ans Licht.

Im Jahr 2002 berichtete der Biologe Dmitri Malaschenk­ow, ein Wissenscha­ftler aus dem Sputnik-2-Programm: „Laika ist bereits zwischen fünf und sieben Stunden nach dem Start an Überhitzun­g und Stress gestorben. Ab der vierten Erdumrundu­ng konnte die Bodenkontr­olle kein Lebenszeic­hen des Hundes mehr empfangen.“„Sputnik 2“umkreiste mit der Hundeleich­e noch etwa 2250 Mal die Erde, bis die Kapsel am 14. April 1958 in der Atmosphäre verglühte.

Die Erkenntnis­se aus Laikas Flug hatten den Weg für die bemannte Raumfahrt geebnet: Am 12. April 1961 wurde mit dem Russen Juri Gagarin der erste Mensch in den Kosmos geschickt. Nach seiner Rückkehr zollte er seinen tierischen Vorgängeri­n Respekt: „Ich weiß immer noch nicht, wer ich bin: der erste Mensch oder der letzte Hund im All?“

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Laika beim Training für den Flug. Die Mischlings­hündin überlebte die Mission nicht.
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