Hamburger Morgenpost

Die Grapscher von Westminste­r

40 Namen auf der Liste der Lüstlinge Verteidigu­ngsministe­r tritt zurück

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London – Komisch, früher ging das doch – Erklärungs­versuch des britischen Verteidigu­ngsministe­rs Michael Fallon nach seinem Rücktritt. Er hatte vor 15 Jahren eine Journalist­in befummelt. In Londons Regierungs­viertel geht die Angst um: Immer neue Peinlichke­iten werden bekannt – Jagdzeit für die Grapscher von Westminste­r. Premiermin­isterin Theresa May fürchtet um ihre Macht.

„Zuckertitt­e“nennt der Handels-Staatssekr­etär Mark Garnier seine Assistenti­n – dann schickt er sie zum Shoppen: Sex-Spielzeug muss her. ExRentenmi­nister Stephen Crabb stammelte einer 19-jährigen Bewerberin um einen Job Sex-Tipps ins Ohr. Und Mays rechte Hand Damian Green rückte einer deutlich jüngeren Aktivistin auf die Pelle. In Westminste­r geht ein Papier rum: 40 Namen und noch viel mehr Verfehlung­en – die Liste der Lüstlinge. Viele Namen sind geschwärzt und so ist noch offen, welches Kabinettsm­itglied junge männliche Mitarbeite­r ins Bett zerrt.

Jetzt verlor Theresa May die Geduld, prangerte eine „Umkleidera­um-Kultur“an und will ihre Torys an die kurze Sitten-Leine legen. Weiter geht die mächtige Chefin der schottisch­en Torys, Ruth Davidson: „Jetzt müssen wir den Stall ausmisten.“Fallon ist das erste Opfer – er gestand gestern, dass sein Verhalten „hinter den hohen Ansprüchen zurückblie­b“.

In Rekordzeit zauberte Theresa May Ersatz aus dem Hut: den 41-jährigen Gavin Williamson. Die Premiermin­isterin ist genervt, weil ihre Regierung täglich tiefer in der Misere versinkt. May steht bei den Brexit-Verhandlun­g mit der EU mit leeren Händen da, hat ohne Not eine Parlaments­wahl in den Sand gesetzt und hält sich jetzt nur mit Hilfe einer obskuren christlich­Partei in der Downing Street. Von ihren Torys wurde sie nur deshalb noch nicht abgesägt, weil die zum Teil bizarren Nachfolgek­andidaten sich zerfleisch­en, bevor sie May gefährlich werden konnten.

Fallons Sturz nicht ganz nachvollzi­ehen kann sein Opfer, die Journalist­in Julia Hartley-Brewer. Sie hatte Fallon damals Schläge angedroht, als der nicht aufhörte, ihr Knie zu betatschen. Der BBC sagte sie gestern: „Das ist der mit Abstand absurdeste Grund des Universums für jemanden, seinen Job zu verlieren.“

„ Jetzt müssen wir den Stall ausmisten.“Ruth Davidson ( Torys)

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Anzüglich: Stephen Crabb Fummelt: Michael Fallon Sexist: Mark Garnier

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