Kerstan ziehtz der Kohle den Stecker
Hamburgs Fernwärmenetz soll ab 2025 komplett ohne den fossilen Brennstoff auskommen
Von MIKE SCHLINK
In Hamburg sagt man Tschüs – und zwar zur Kohle! Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) will dem fossilen Brennstoff den Stecker ziehen. Das Fernwärmenetz soll bald ohne Rußschleudern auskommen.
Noch sind die Rauchsäulen über den Kohlekraftwerken Wedel und Tiefstack kilometerweit zu sehen. Ab 2025 soll damit jedoch Schluss sein! „Wir wollen bei der Wärmewende Ernst machen“, sagt Kerstan – und plant eine Revolution in der Wärmeversorgung!
In einem ersten Schritt soll in fünf Jahren das überalterte Kraftwerk Wedel vom Netz genommen und vor allem durch erneuerbare Energien ersetzt werden.
So will die Stadt unter anderem Abwärme aus den großen Industriebetrieben südlich der Elbe wie der Kupferraffinerie Aurubis, dem Stahlwerk ArcelorMittal und dem Aluminiumhersteller Trimet nutzen. Neben einer Wärmepumpe am Klärwerk Dradenau sollen auch Abfallwärme, Biomasse sowie ein großer Wärmespeicher unter der Erde, ein Aquiferspeicher (MOPO berichtete), bei der Wärmeversorgung helfen.
In einem zweiten Schritt soll das Kraftwerk Tiefstack, das den Hamburger Osten weitgehend mit Fernwärme versorgt, ab 2025 von Kohle auf Erdgas umgestellt werden. Das ist zwar auch ein fossiler Brennstoff, für die Klima-Bilanz ist der jedoch besser. Denn:
Am Ende würden durch sämtliche Maßnahmen rund 600 000 Tonnen CO eingespart, das wären fast zwei Drittel des heutigen Ausstoßes von 970 000 Tonnen jährlich. Der Anteil erneuerbarer Energien würde sich von derzeit 14 auf rund 74 Prozent erhöhen. „Damit wäre Hamburg führend in Deutschland“, sagt Kerstan.
Gilt das auch für die Preise? Immerhin belaufen sich die Projekt-Investitionen auf rund 600 Millionen Euro. „Es wird keine außerordentlichen Preissteigerungen geben“, so der Senator, der dem Konzept eine „hohe Umsetzungswahrscheinlichkeit“attestiert. Der Senat stünde dahinter, müsse aber offiziell noch zustimmen. Gleiches gilt für den Energiekonzern Vattenfall, dem das Fernwärmenetz derzeit noch gehört. Durch die Umsetzung des Volksentscheids von 2013 wird Hamburg das Netz zu Beginn des Jahres 2019 für mindestens 950 Millionen Euro zurückkaufen.
Ausgenommen ist das Kraftwerk Moorburg. Das gehört künftig auch weiterhin Vattenfall – und wird vor allem zur Stromerzeugung genutzt. Da dafür allerdings auch Kohle benötigt wird, wird künftig zumindest noch eine Rauchsäule über Hamburg zu sehen sein.
„Wir wollen bei der Wärmewende Ernst machen.“Jens Kerstan, Umweltsenator