Der Wunderheiler
Jupp Heynckes Mit dem 3:1-Erfolg in Dortmund gewinnt Bayern auch das siebte Spiel in Serie. Doch der Trainer-Altmeister will mehr
Die Skepsis war groß. Ein 72-jähriger Trainer-Rentner, der das in Schieflage geratene FußballFlaggschiff FC Bayern wieder auf Kurs bringen soll? Absurd! Vier Wochen nach seinem Amtsantritt und dem beeindruckenden 3:1-Erfolg in Dortmund hat Jupp Heynckes alle seine Kritiker eines Besseren belehrt.
Als Heynckes am 9. Oktober an der Säbener Straße als Nachfolger des gescheiterten Carlo Ancelotti als neuer Coach vorgestellt wurde, hechelten die Bayern in der Liga Dortmund nur hinterher. Auf fünf Punkte war der BVB enteilt. Dazu kamen diverse Herkules-Aufgaben in den anstehenden Spielen. 27 Tage und sieben Siege später präsentiert sich der Rekordmeister so dominant wie eh und je. Heynckes’ Erfolgsbilanz hat sämtliche Skeptiker im Kollektiv verstummen lassen: Sechs Punkte Vorsprung in der Liga auf den Erzrivalen aus Dortmund, Vizemeister Leipzig aus dem Pokal gekegelt und in der Königsklasse vorzeitig das Achtelfinal-Ticket gelöst – was will der Bajuware mehr?
Geht es nach „Don Jupp“, noch so einiges. „Man sollte den Ball flach halten. Man konnte vor vier Wochen nicht voraussagen, dass wir jetzt sechs Punkte vor Dortmund und vier vor Leipzig stehen“, dozierte der Trainer-Guru. „Das haben wir uns hart erarbeitet. Wir haben in den letzten viereinhalb Wochen auf dem Trainingsfeld und in den Besprechungen überragend gearbeitet.“
An welchen Stellschrauben des stotternden Münchner Hochleistungs-Motors er tatsächlich gedreht hat, erläuterte Heynckes nach dem beeindruckenden Erfolg in Dortmund. Er habe sein Team mit „Korrekturen im Training, Powerpoint-Präsentationen und Analysen genervt“und seine sensiblen Profis gezwungen, „mit gesteigerten Intensitäten und anderen Umfängen zu trainieren“.
Seine Spieler fressen ihm offenbar aus der Hand und überschlagen sich in Lobeshymnen. Allen voran HollandTurbo Arjen Robben, der unter Heynckes in den vergangenen sieben Spielen über die volle Distanz gegangen ist, macht aus seiner Begeisterung keinen Hehl: „Ich bin total glücklich, es macht unter diesem Trainer einfach wieder total Spaß.“Von Selbstzufriedenheit will „Wunderheiler“Heynckes jedoch nichts wissen. Seiner Mannschaft stellte er zwar in jeder Beziehung ein tolles Zwischenzeugnis aus, aber trotz der sieben Siege ist er noch lange nicht zufrieden. Zwar habe man auch beim BVB zeitweise „überragend“gespielt, aber „das war noch nicht meisterlich“.
Und dann folgte eine Aussage, die die Konkurrenz national und international aufhorchen ließ. „Wenn unsere Verletzten Manuel Neuer, Thomas Müller, Jerome Boateng und Franck Ribéry wieder zurückkommen, dann werden wir noch stärker, dann können wir wieder viel besseren Fußball spielen.“Es klingt wie eine Drohung.