Jetzt kommt das dritte Geschlecht
Verfassungsgericht urteilt: Neben Mann und Frau muss weitere Möglichkeit ins Geburtenregister
Es ist eine historische Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht gestern fällte: Künftig soll es möglich sein, ein drittes Geschlecht in das Geburtenregister eintragen zu lassen. Bis zum 31. Dezember 2018 muss eine gesetzliche Neuregelung her.
Damit geht ein langer Rechtsstreit zu Ende. Denn bereits 2014 stellte Vanja einen Antrag beim Amtsgericht in Hannover. Vanja ist weder Mann noch Frau, sondern intersexuell, wollte das im Geburtenregister stehen haben. Der Antrag der Gruppe „dritte Option“wurde abgewiesen, scheiterte 2016 ebenfalls vor dem Bundesgerichtshof (BGH).
Vanja sagte dazu: „Ich habe natürlich gehofft, dass der BGH unseren Antrag annimmt, aber damit gerechnet, dass die Entscheidung vor das Bundesverfassungsgericht geht. Es geht schließlich um eine neue Option, sein Geschlecht anzugeben. Das ist keine kleine Sache.“
Umso größer ist jetzt die Freude bei den in Deutschland lebenden Intersexuellen. Das sollen Schätzungen zufolge immerhin rund 80000 Menschen sein. Ihr Hauptproblem bringt Vanja auf den Punkt: „Ein Geschlecht ist eine Kategorie, die in unserer Gesellschaft extrem wichtig ist.“Das merken Betroffene täglich: Wenn sie auf öffentliche Toiletten gehen, sich im Sportclub umziehen wollen oder Fragebögen ausfüllen müssen.
Deshalb hatte der Deutsche Ethikrat bereits vor fünf Jahren erklärt, dass „ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf Gleichbehandlung vorliegt, wenn Menschen, die sich aufgrund ihrer körperlichen Konstitution weder dem Geschlecht weiblich noch männlich zuordnen können, rechtlich gezwungen werden, sich im Personenstandsregister einer dieser Kategorien zuzuordnen.“
Das Dilemma beginnt oft schon im Kreißsaal: Viele Eltern von Neugeborenen, die nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden
„Ich muss sagen können, dass ich inter bin.“Vanja
können, entscheiden sich für die Zuschreibung „männlich“oder „weiblich“, lassen ihre Kinder manchmal sogar operieren. Das kann zu Identitätskrisen oder Verwirrung führen. Vanja zum Beispiel wird bisher im Geburtenregister als „weiblich“geführt, im Alltag aber eher als
„männlich“eingeordnet.
Das Geschlechtsfeld einfach leer lassen, gefällt Vanja auch nicht: „Die Leerstelle fühlt sich nicht gut an. Alle anderen können mit Selbstbewusstsein sagen: Ich bin Frau, ich bin Mann. Also muss ich auch sagen können, dass ich inter bin.“