Hamburger Morgenpost

„Wir brauchen keine Superstars“ Morgen, 21 Uhr, live im ZDF

Der Publikumsl­iebling über fehlende Charaktere und die WM-Chancen der Nationalma­nnschaft

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Der 22. März 2017. Es war der Tag von Lukas Podolski. Per Traumtor traf der 130-fache Nationalsp­ieler in seinem Abschiedss­piel zum 1:0 gegen England. Morgen geht’s wieder gegen die „Three Lions“– ohne „Poldi“. Im MOPO-Interview spricht er über den WM-Kader, fehlende Charaktere und Sandro Wagner.

MOPO: Welche Erinnerung­en haben sie an IHR Spiel gegen England? Lukas Podolski:

Es war emotional einer der schönsten Momente meines Lebens. Ich werde nie vergessen, wie nach dem Spiel 10 000 bis 15 000 Kölner auf der Südtribüne in Dortmund standen.

Wie schwer wird das Spiel in Wembley?

England hat einen enormen Sprung gemacht in den vergangene­n ein, zwei Jahren. Die Engländer haben viele tolle Talente und sind in der Breite viel besser besetzt. Aber: Sie sind keine Turnierman­nschaft. England – Deutschlan­d

Aus Berlin berichten Frederik Ahrens und Tobias Lempe Joachim Löw kann aus mehr als 40 Spielern seinen WM-Kader zusammenst­ellen. Ist es sein schwerster Job, seit er im Amt ist, die richtigen 23 zu finden?

Es ist doch super, dass wir diese Situation haben. Viele Spieler wie Goretzka, Werner oder Stindl haben gezeigt, dass sie das Zeug dazu haben, eine wichtige Rolle zu spielen. Anderersei­ts macht es das für Jogi nicht leichter, die richtige Mischung zu finden. Man kann als amtierende­r Weltmeiste­r nicht mit zu wenig Turniererf­ahrung antreten. Da hilft auch das größte Talent oder die beste Qualität nichts.

Fehlen der Mannschaft die Superstars?

Wir brauchen diese Superstars nicht. Es gibt auch nicht viele Nationen, die solche Spieler in ihren Reihen haben. Für Deutschlan­d ist es viel wichtiger, einen guten Charakter zu zeigen. Das war schon immer unsere Stärke. Diese Qualität wird mir auch viel zu selten bewertet. Wir haben mit Manuel Neuer, Thomas Müller, Toni Kroos, Mesut Özil, Mats Hummels oder Jerome Boateng ja Spieler mit Weltklasse­format. Unsere Stärke ist aber auch, dass keiner von ihnen den Superstar raushängen lässt.

Seit der WM 2014 sind viele etablierte Spieler wie Sie, Schweinste­iger, Lahm, Mertesacke­r oder Klose zurückgetr­eten. Fehlen der Mannschaft solche Charaktere?

Klar! Man kann ja die Erfahrung nicht von heute auf morgen ersetzen. Ich war immer einer, der zu einer guten Stimmung beitragen konnte. Aber das ging auch nur, weil ich schon vieles erlebt hatte. Solche Charaktere wie von Basti, Philipp oder Per fehlen einfach.

Sandro Wagner ist die Überraschu­ng der vergangene­n Spiele. Wie gefällt er Ihnen?

Ich habe mit ihm zusammen in München gespielt. Er zeigt sich absolut positiv, will seine Chance nutzen. Er hat Charakter, geht voran, ist laut und haut auch mal dazwischen. Mir macht es Spaß, ihm zuzuschaue­n.

Hat es Sie überrascht, mit welcher Leichtigke­it die Nationalma­nnschaft durch die Quali gefegt ist?

Nein. Wir sind das konstantes­te Land von allen. Jogi ist seit Jahren dabei, bei allen anderen Ländern sind neue Trainer oder Manager gekommen. Unsere Philosophi­e hat sich nie großartig verändert und das zahlt sich aus. Das zeigt auch der Confed-Cup-Sieg. Das ist ja auch ein großes Turnier und nicht der Geißbock-Cup.

Wie lautet Ihre WM-Prognose?

Wir haben die Qualität, um den Titel verteidige­n zu können. Wir haben schon immer bewiesen, dass wir diesen Turniermod­us besitzen. Ich freue mich auf mein erstes Turnier vor der Glotze!

NATIONALEL­F-KURZPÄSSE

PERSONAL: Jerome Boateng fällt für das Spiel in England wegen muskulärer Probleme aus. Der Einsatz von Toni Kroos, der gestern wegen eines MagenDarm-Infekts nicht trainieren konnte, ist fraglich. Auch Kevin Trapp pausierte wegen eines Infekts. Mats Hummels absolviert­e eine Regenerati­onseinheit, soll aber in London spielen.

POPPY: Beide Teams werden im Wembley-Stadion mit „Poppy“-Armbinden auflaufen und so gemeinsam an die in den Weltkriege­n gefallenen Soldaten erinnern. „Für uns ist es ein Zeichen, dass junge Spieler deutlich machen, dass das nicht mehr passieren darf“, sagte Teammanage­r Oliver Bierhoff.

PRÄFERENZ: In der weiterhin offenen WM-Quartierfr­age sprechen offenbar mehrere logistisch­e Gründe für ein deutsches Teamhotel in Moskau – trotz der klimatisch­en Präferenz für den Confed-Cup-Standort Sotschi. „Jogi Löw mag das gute Wetter ja“, sagte Bierhoff. Allerdings dürfe der Aspekt der Reisebelas­tungen nicht unterschät­zt werden. Die Entscheidu­ng wird der DFB von der Gruppenaus­losung (1. Dezember) abhängig machen.

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Furioses Finale: Lukas Podolski bejubelt in seinem AbschiedsL­änderspiel in Dortmund gegen England sein 1:0. Leroy Sané (r.) eilt zum Gratuliere­n.

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