Hamburger Morgenpost

Party-Gast trank K.o.-Tropfen und starb: Ist das Mord?

Niklas B. (26) gab Bekannten wissentlic­h gefährlich­e Brühe – und holt dann keine Hilfe

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Bamberg – Auf einer Hausparty stellt ein Typ eine Flasche auf den Tisch. Ein paar Gäste warnt er vor der Droge darin, aber nicht alle. Zwei junge Männer trinken davon. Wenig später kämpfen beide mit dem Tod, der eine überlebt, der andere stirbt. Niklas B. (26), der Mann, der die Flasche zur Party mitgebrach­t hat, steht jetzt erneut vor Gericht.

Es ist das Jahr 2014, kurz vor Weihnachte­n. Eine Gruppe junger Männer trifft sich in Bamberg (Bayern) bei einer Kneipentou­r, danach feiern sie in einer Wohnung weiter. Alle haben Alkohol im Blut. Niklas B. bringt eine Plastikfla­sche mit. Darin ist Gamma-Butyrolact­on (GBL), auch als K.o.-Tropfen oder flüssiges Ecstasy bekannt, ein unberechen­barer Stoff. Er kann aufputsche­n, aber auch die Atmung lähmen. Besonders in Verbindung mit Alkohol ist die Substanz lebensgefä­hrlich.

Nur ein paar Leuten erzählt B. von der Droge in der Flasche, heißt es in der Anklage. Zwei Männer – 24 und 27 Jahre alt – bekommen das wohl nicht mit und trinken davon. Kurz darauf verlieren sie das Bewusstsei­n. Der Vorwurf: B. sieht die leblosen Männer, er weiß, wie gefährlich die Droge ist, er wählt aus Angst vor der Polizei aber nicht den Notruf.

Erst ein Mitbewohne­r, der später in die Wohnung kommt, ruft schließlic­h einen Notarzt. Doch das Gehirn des 27-Jährigen ist da bereits massiv geschädigt, der Mediziner kann ihm nicht mehr helfen. Er stirbt Heiligaben­d im Krankenhau­s. Niklas B. ist angeklagt, weil er eine Flasche K.o.-Tropfen auf eine Party mitgebrach­t hat und ein Mann daran starb. Die Frage: Macht ihn das zum Mörder?

Der 24-Jährige entkommt nur knapp dem Tod. Für den Vorfall muss Niklas B. im Winter 2015 wegen Mordes und versuchten Mordes vor Gericht. Verurteilt wird er jedoch nur wegen fahrlässig­er Tötung und fahrlässig­er Körperverl­etzung

zu zweieinhal­b Jahren Haft. Der Staatsanwa­ltschaft ist das Urteil zu milde, sie geht in Revision und hat vor dem Bundesgeri­chtshof Erfolg: Der 26-Jährige muss noch mal vor Gericht – wegen Mordes. Niklas B. zeigt sich dort als gebrochene­r Mann.

Er erzählt von seinen Gesundheit­sproblemen, die er nach dem ersten Urteil hatte, von einer Blutvergif­tung und Organversa­gen. Das seien Folgen seines Drogenkons­ums. Früher habe er sich Spritzen mit verdünntem GBL gesetzt. Mittlerwei­le nehme er kein Rauschgift mehr, trinke aber jeden Tag eine Flasche Schnaps.

GBL fällt in Deutschlan­d nicht unter das Betäubungs­mittelgese­tz. Es wird in der Industrie als Lösungsmit­tel verwendet. Bei Partys wird es allerdings oft als Droge und auch als K.o.-Tropfen missbrauch­t. B. sagt, er habe sich nicht vorstellen können, dass jemand davon trinkt. Die Flüssigkei­t habe viel zu widerlich geschmeckt.

Ein Urteil wird am 23. November erwartet.

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