Stilsicher und charmant
Der Jazzsänger spricht über die Hansestadt und seine Erfahrungen mit Helene Fischer
Der zweifache GrammyPreisträger Gregory Porter (46) ist der beeindruckendste Jazz-Sänger der Gegenwart. Am 30. November gastiert der US-Amerikaner mit dem Orchester Neue Philharmonie Frankfurt in der Elbphilharmonie. Im MOPO-Interview spricht Porter über seine Liebe zu Hamburg, seine Faszination für Helene Fischer und die schwierige Beziehung zu seinem Vater. MOPO: Hamburg ist quasi Ihr zweites Zuhause in Deutschland. Wo gefällt es Ihnen am besten? Gregory Porter: Ich habe schon ausgedehntes Spaziergänge am Elbstrand unternommen. Das ist toll: Man geht die Stufen runter und passiert dabei die Nachbarschaft mit den Häusern. Dort gibt es viele unabhängige, von Familien geführte Geschäfte. Das gefällt mir. Und natürlich hat es mich umgehauen, als ich das erste Mal beim „Elbjazz-Festival“gespielt habe: mitten im Hafen umgeben von dem IndustrieCharme. Das hat schon was. Am Donnerstag sind Sie von dem modebewussten Männermagazin „GQ“ausgezeichnet worden. Ist Ihnen Stil wichtig? Absolut! Gerade wenn man so viel unterwegs ist wie ich, ist es wichtig, qualitativ hochwertige Anzüge einzupacken, denn der Platz im Koffer ist begrenzt. Ich habe fünf oder sechs Anzüge, mit denen ich reise. Dass ich diese hin- und wieder durchwechseln muss, hat dazu geführt, dass ich überall auf der Welt bei Freunden Klamotten zwischengelagert habe. Ich habe auch einen Koffer in Hamburg! Haben Sie Ihre Bühneneleganz von Nat King Cole, dessen Songs Sie auf Ihrem neuen Album covern? Definitiv. Schon im Alter von fünf war er mein Idol – stilistisch und musikalisch. Meine Mutter hat mich an ihn herangeführt, sie starb, als ich 21 war, aber ist spirituell durch die Musik immer bei mir. Nates Platten waren ihr so heilig, dass ich sie als Kind nicht mal anfassen durfte! Auf gewisse Weise war Nat King Cole auch ein Vaterersatz für mich. Ihren leiblichen Vater haben Sie nur ein paar Mal getroffen.
So war das leider. Wenn ich auf dem Album „I Wonder Who My Daddy Is“interpretiere, erzähle ich damit
„Ich habe auch einen Koffer in Hamburg.“Gregory Porter „Auf gewisse Weise war Nat King Cole auch Vaterersatz.“Gregory Porter
meine eigene Geschichte. Ich denke, dass die Melancholie, die ich immer in der Stimme trage, von dem Wunsch und der Sehnsucht herrührt, einen Vater in
meinem Leben gehabt zu haben. Und mein Vater hat mir noch etwas gegeben: meine Gesangsstimme. Er war selbst Sänger. Als ich ihm auf dem Sterbebett sagte, dass ich professioneller Sänger werden will, hat er mich dennoch entmutigt. Sie waren in der „Helene Fischer Show“zu Gast. Haben Sie als Jazzer gar keine Berührungsängste? Nein. Ich war beeindruckt, wie hart sie arbeitet, wie viele Songs sie lernt und dazu noch Tanzschritte und Akrobatik. Ich dachte nur: Wow, das ist Old-School-Showbusiness! Außerdem konnte ich Backstage mit der Legende Tom Jones abhängen, ihn über all die Jazzstars von früher ausfragen und Whiskey trinken. Und Helene?
Sie war sehr liebenswürdig! Wir haben „Purple Rain“von Prince zusammen gesungen. Ich habe Prince nie kennengelernt, aber er besuchte 2012 mal ein Konzert von mir in Minneapolis. Danach twitterte er noch etwas Nettes darüber. Das hat mich umgehauen.
Das Interview führte KATJA SCHWEMMERS Elbphilharmonie: 30.11., ausverkauft