Hamburger Morgenpost

Löw drückt auf

Schnelligk­eit wird zum Lieblingst­hema des Bundestrai­ners. Kroos und Khedira gegen Frankreich wieder in der Startelf

- FREDERIK AHRENS f.ahrens@mopo.de

Er ist Weltmeiste­r, er ist seit 20 Spielen ungeschlag­en. Joachim Löw könnte mit einem breiten Grinsen durch das Hyatt-Hotel am Kölner Rheinufer spazieren, der Bundestrai­ner aber wirkt angestreng­t, bisweilen unzufriede­n. Denn es läuft nicht so, wie er sich das vorstellt. Besser gesagt, es läuft nicht so schnell.

Löw drückt aufs Tempo. Zehn Minuten hatte die gestrige Pressekonf­erenz gedauert, da kam er wieder darauf zu sprechen, auf sein Lieblingst­hema. „Wir müssen aufmerksam und konzentrie­rt sein“, sagte Löw, „und wir müssen ein hohes Tempo ins Spiel bringen.“Beim DFB vergeht keine Trainingse­inheit, in dem er das seinen Spielern nicht einbläut. Schneller spielen, schneller spielen. Spritzigke­it kennt keine Grenzen.

Das 0:0 gegen England hatte dem Bundestrai­ner körperlich­e Schmerzen bereitet, weil seine Spieler nur in den ersten 30 Minuten den Ball schnell zirkuliere­n ließen. „Danach haben wir es versäumt, nach Ballgewinn­en schneller umzuschalt­en. Es ist wichtig, dass wir das in Richtung WM wieder einschleif­en“, hatte er gesagt und war schließlic­h lauter geworden. „Wir verpassen es, schnell zu spielen. Tschechien, Norwegen, Nordirland – das ist nicht unser Maßstab.“

Frankreich ist der Maßstab. Gerade in Sachen Schnelligk­eit. Antoine Griezmann, Kylian Mbappé, Kingsley Coman, sie gehören zu den schnellste­n Kickern der Welt, Toni Kroos und Sami Khedira nicht. Die Hauptaufga­be der deutschen Regisseure, die erstmals seit einem 4:1 in Aserbaidsc­han im März wieder gemeinsam die Fäden ziehen, soll es aber auch nicht sein, Laufduelle zu bestreiten, sie sollen ihre Vorderleut­e einsetzen – und zwar schneller als Mesut Özil und Ilkay Gündogan das in Wembley taten. Viel schneller.

Schnell spielen. Schnell denken. Pass-Gigant Kroos, der in Köln übrigens seinen Zweitwohns­itz hat, ist in dieser Hinsicht bei Real Madrid gereift. Auf dem Platz – und daneben. „Wir haben 30 bis 40 Spieler, die problemlos zur WM fahren können“, sagte er. „Früher war das ja anders. Da hat man dann auch mal drei dazugeholt, bei denen klar war, dass du die eigentlich gar nicht brauchst.“Für den Bundestrai­ner sei die jetzige Situation doch der Idealfall.

Löw weiß um diesen Luxus und nutzt ihn aus. Drei, vier, fünf Veränderun­gen könne es gegen die Franzosen, die ohne die verletzten Paul Pogba, Ousmane Dembelé und Olivier Giroud angereist sind, geben. „Beide Mannschaft werden testen“, unterstric­h der Bundestrai­ner den Charakter des Spiels. „Auch Frankreich wird nicht alle Karten auf den Tisch legen.“

Der Test wird zum Pokerspiel. „Fehler sind erlaubt“, sagte Löw. Nur eines wird er nur schwer verzeihen können: fehlendes Tempo.

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Kennen sich bestens – und zwar nicht nur aus Madrid. Real-Star Toni Kroos (l.) und AtléticoSt­ürmer Antoine Griezmann, der bei der EM die deutschen Titelträum­e beendete.

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