„Mein Weg aus der Krise“
In der MOPO spricht er über seine Leidenszeit, die jungen Talente und seinen WM-Traum
Er gehörte zu den großen Pechvögeln der laufenden Saison. Zwei schwere Verletzungen bremsten 14-Millionen-Euro-Mann Filip Kostic (25) aus. Jetzt ist der teuerste HSV-Einkauf aller Zeiten wieder richtig im Saft. Im MOPO-Interview spricht der Flügelflitzer über seine Leidenszeit, die jungen Talente und verrät, warum ihn die Ablösesumme anfangs gehemmt hat.
MOPO: Herr Kostic, Sie hatten in dieser Saison bereits viel Pech mit zwei schweren Verletzungen. Wie gehen Sie mit solchen Phasen des Profidaseins um? Filip Kostic:
Meine beiden Verletzungen waren sehr hart für mich. Aber ich bin psychisch stark und wusste, dass ich stärker zurückkommen werde. Es ist sehr schwer für einen Fußballer, wenn man mit einer Verletzung nur zusehen kann. Und dann haben wir auch noch einige Spiele verloren. Das beschäftigt einen sehr.
Wer hilft Ihnen in solchen Situationen besonders?
Meine Familie und meine Freundin Kristina haben mir in dieser Zeit sehr viel geholfen und mir Kraft gegeben. Ich habe jeden Tag sechs bis sieben Stunden im Volkspark an meinem Comeback gearbeitet. Da ist es wichtig, dass man privat auf andere Gedanken kommt.
Welchen Faktor spielt das Thema mentale Stärke für Sie?
Wir machen als Team gemeinschaftlich Yoga. Das trägt sehr zur Entspannung bei. Darüber hinaus vereinbare ich gelegentlich einen Termin mit unserem Mentaltrainer. Das hilft mir, um fokussiert zu bleiben.
Hat Sie Ihre Rekordablöse beschäftigt?
Ich habe den Druck auf mir gespürt, denn der Verein hatte viel Geld für mich bezahlt. Ich wollte die hohe Ablösesumme unbedingt mit Leistung auf dem Platz zurück- zahlen. Das hat zu Beginn aber nicht funktioniert. Ich habe alles gegeben, aber wir haben trotzdem viele Spiele verloren. Erst in der zweiten Saisonhälfte konnte ich zeigen, was ich wirklich kann.
Sie sind jetzt seit eineinhalb Jahren beim HSV. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Ich habe in dieser Zeit sehr viel gelernt. Es ist wichtig, mental fokussiert zu bleiben. Für den HSV zu spielen, ist für mich ein so positives Gefühl, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann. Auch, wenn es nicht immer einfach hier ist.
Wurden Ihre Erwartungen in Hamburg erfüllt?
Ich wollte mit dem HSV natürlich besser abschneiden, erfolgreicher sein. Aber ich kann die Vergangenheit nicht ändern, wir müssen jetzt stark bleiben und in die Zukunft blicken. Jeder im Verein will besser werden. Denn dieser Klub kann viel erreichen. Aber die Situation in den letzten Jahren war nicht immer einfach. Ich denke aber, dass wir in dieser Saison auf dem richtigen Weg sind und uns bereits weiterentwickelt haben.
Würden Sie wieder zum HSV wechseln?
Für den HSV zu spielen, ist weiterhin ein Traum. Der Verein, die Fans und das Umfeld sind einfach fantastisch. Der HSV ist ein großer Klub. Die Fans sind für mich – und das ist keine Floskel – die besten der gesamten Liga. Bei Auswärtsspielen sind sie immer dabei, sogar bei Länderspielen für mein Land Serbien sehe ich auf den Rängen Zuschauer mit HSVTrikots. Das ist einfach unglaublich. Wenn man so etwas sieht, gibt einem das zusätzliche Motivation.
Beim 3:1 gegen Stuttgart erzielten Sie Ihren ersten Saisontreffer. Wie wichtig war es zu gewinnen?
Der Sieg kann ein Wendepunkt in der Saison sein. Die drei Punkte haben uns Selbstvertrauen gegeben. Wenn wir so spielen wie gegen Stuttgart, werden wir am Ende der Saison erfolgreich sein.
Anteil am Aufschwung haben auch Spieler wie Fiete Arp oder Tatsuya Ito. Wie bewerten Sie den neuen Jugendstil beim HSV?
Mir gefällt es, dass beim HSV auch junge Spieler zum Einsatz kommen. Sie helfen uns weiter. Ich denke, es ist gut, dass unser Trainer ein paar Dinge geändert hat. Seit drei Spielen geht es wieder in die richtige Richtung. Wenn die Jungs weiterhin so hart an sich arbeiten, steht ihnen eine große Karriere bevor.
Wie helfen Sie den jungen Spielern und was können sie von Ihnen lernen?
Ich rede viel mit den Jungs und gebe ihnen auch im Training immer wieder Tipps. Es ist wichtig, hinter ihnen zu stehen, sie in die Teamgemeinschaft zu integrieren und auch bei Rückschlägen zu unterstützen. Nur so können sie sich weiterentwickeln.
Kann man Sie also als Talente-Lehrer bezeichnen?
Nein, ich bin kein Lehrer. Diese Aufgabe übernimmt unser Trainer. Er macht einen fantastischen Job. Das Verhältnis zu Fiete oder Tatsuya ist freundschaftlich. Wir sind Kumpel, die zusammen Fußball spielen.
Mit Serbien haben Sie sich für die WM 2018 in Russland qualifiziert. Was bedeutet das für Sie?
Die WM-Teilnahme ist die Erfüllung meines Traums, das wird das absolute Highlight meiner Karriere. Das gesamte Land ist euphorisch, alle fiebern schon jetzt auf kommenden Sommer hin. Ich bin gespannt, wie unsere Gruppe aussehen wird. Serbien ist in Topf vier. Ich denke, wir werden schwere Lose bekommen.
Kann Ihnen die WM-Teilnahme auch persönlich einen Schub geben?
Ich gebe in jedem Spiel mein Maximum. Ich spiele für mein Land, meinen Klub, meine Teamkollegen. Wir sind qualifiziert, mein Kopf ist jetzt voll auf den HSV und die Bundesliga fokussiert.
Mit Schalke wartet am Sonntag ein schwerer Brocken ...
In der letzten Saison haben wir gegen Schalke je einmal unentschieden gespielt und gewonnen. Wir sind nach unserem Sieg gegen Stuttgart voller Selbstvertrauen. Warum sollte uns nicht ein Sieg gelingen? Wir wollen allen zeigen, dass wir besser sind, als es der Tabellenstand gerade aussagt.
Wir wollen zeigen, dass wir besser sind, als es der Tabellenstand aussagt. FILIP KOSTIC