Das stinkt zum Himmel
Einweggrills liegen in den Büschen, Fünf-Liter-Fässer, Dosen oder Flaschen im Sand, Windeln und Kondome am Wegesrand. Einfach asozial!
Was Sie jetzt lesen, ist ein Hilfeschrei. Ein Aufruf an alle, hinzusehen, den Verstand einzuschalten und Rücksicht zu nehmen auf etwas, das wir doch eigentlich alle so sehr lieben: unsere Stadt! Denn wer mit offenen Augen durch alle möglichen Viertel läuft, der erkennt sofort: Hamburg verdreckt!
Ich habe keine teuren Hobbys, lege dafür aber großen Wert darauf, schön zu wohnen. „My home is my castle“, das haben Sie sicherlich schon auf irgendwelchen Fußmatten gelesen. Vor knapp zwei Jahren zog ich nach Övelgönne. Himmlisch, ein recht neues und entsprechend modern ausgestattetes Gebäude, die Bude offen und großzügig geschnitten.
Und die Lage – ein Traum! Auf der einen Seite die Elbe mit Blick auf Köhlbrandbrücke und Schlepper-„Parkplatz“, auf der anderen Seite der Donners Park, umrahmt von der Elbchaussee und Neumühlen. In wenigen Gehminuten erreicht man den Museumshafen und die „Strandperle“, den Fischmarkt und viele schöne Restaurants.
Klingt super, bringt aber ein großes und unerträgliches Ärgernis mit sich: Menschen, die für einen Tag oder ein paar Stunden kommen – und die ihren Müll hinterlassen. Das wird immer dann ganz besonders offensichtlich, wenn sich die Sonne mal durchkämpft. Dann pilgern Hunderte ans Wasser, genießen ihre Freizeit, essen und trinken, lassen es sich gut gehen. Am Morgen danach sieht das dann so aus: Einweggrills liegen irgendwo in den Büschen, die Fünf-LiterFässer, Dosen oder Flaschen, Verpackungen und Plastiktüten auf dem Strand und die Essensreste notdürftig in den Sand eingebuddelt. Widerlich! Was ist denn so schwer daran, das wieder einzusammeln und zu entsorgen, was man mitgebracht hat? Wer das nicht schafft, ist asozial!
Dann sind da noch die „Wildcamper“, die sich in kürzester Zeit zu meinen natürlichen Feinden entwickelt haben. Meist kommen sie freitags aus Heide, Husum, Winsen/Luhe oder auch mal aus dem Main-Taunus-Kreis angegurkt, stellen sich auf die Parkplätze direkt an der Elbe oder einfach an die Straße. Was bleibt, wenn sie sonntags wieder in die Provinz zurückkehren? Ravioli-Dosen, leere Tetra-Pak- und Chips-Tüten, diese kleinen, zusammengeklebten Windel-„Bomben“oder benutzte Kondome auf dem Bürgersteig und am Wegesrand. Doch damit nicht genug: Einige dieser Leute verrichten ihre Notdurft einfach vor den Rolltoren der anliegenden Tiefgaragen. Und falls Sie sich das jetzt fragen: Ja, Groß und Klein! So viel aus meinem Kosmos. Andernorts sieht es aber ganz genauso aus, auf den Alsterwiesen, im Stadtpark, in Entenwerder oder einfach auf den Straßen in den Stadtteilen. Stellt sich die Frage: Was nun? Der Senat bekommt das Problem nicht in den Griff, da reicht ein Blick auf die nackten Zahlen. Die Bürger haben sich 2016 so oft über achtlos weggeworfenen Abfall, illegal entsorgten Hausmüll oder Schrott beschwert wie seit Jahren nicht mehr. Das bewies die Auswertung der zentralen Hotline „Saubere Stadt“: Es gab 23 481 Beanstandungen an der Sauberkeit Hamburgs, fast 4000 mehr als im Jahr zuvor. Die Stadtreinigung registrierte damit die höchste Beschwerdezahl seit 2008, als sogar 25 207 Meldungen eingingen. Zahlen, die mich beruhigen, belegen sie doch, dass ich nicht allein bin mit meinem Ärger über all den Müll und Dreck, dass ich nicht kleinlich oder spießig bin. Und ich hoffe sehr, dass die zunehmenden Beschwerden dafür sorgen, dass ein Umdenken einsetzt. Denn statt sich darauf zu verlassen, dass schon irgendwann die Stadtreinigung kommt und hinter einem herräumt, sollte jeder selbst dafür sorgen, dass unser geliebtes Hamburg nicht verdreckt. Übrigens: Mein Glaube an Vernunft und Eigenverantwortung reicht nicht aus, um es im kommenden Frühling darauf ankommen zu lassen. Der Mietvertrag ist gekündigt. Nach Övelgönne komme ich dann im nächsten Jahr als Besucher zurück.
Einige verrichten ihre Notdurft einfach vor den Toren der anliegenden Tiefgaragen. Matthias Linnenbrügger