Hamburger Morgenpost

Härtestes G20Urteil

Täter kleinlaut: „Ich schäme mich.“

- STEPHANIE LAMPRECHT s.lamprecht@mopo.de

Drei Jahre Haft für stundenlan­ge Randale und Plünderung­en in der Schanze: Ein 28-jähriger Schanzen-Bewohner hat sich das bisher härteste G20-Urteil eingefange­n. Der Angeklagte gab sich im Prozess kleinlaut und bezeichnet­e sich als „politisch null interessie­rt“. Polizeivid­eos zeigen den gelernten Kaufmann, wie er bei dem marodieren­den Mob in vorderster Front mitmischt.

Blütenweiß­es Hemd, akkurat ausrasiert­e Frisur, zerknirsch­ter Gesichtsau­sdruck: Ümüt Y. gab sich sichtlich Mühe, vor Gericht einen ordentlich­en Eindruck zu machen. „Ich entschuldi­ge mich für mein Handeln“, beginnt der gelernte Großund Außenhande­lskaufmann sein Geständnis, „ich weiß nicht, was mich geritten hat. Man lernt ja schon von klein auf, dass man nicht mit Gegenständ­en schmeißt.“

In der U-Haft habe er „viel nachgedach­t“: „Was ich gemacht habe, darf man nicht mit Polizeibea­mten machen. Die sind dazu da, uns zu beschützen.“Das betont bescheiden­e Auftreten des vorbestraf­ten Angeklagte­n steht in krassem Gegensatz zu den Polizeivid­eos, die kurz darauf über die Wand des Gerichtssa­als flimmern. Dort ist zu sehen, wie Ümüt Y. am 7. Juli von 20.15 Uhr bis nach Mitternach­t immer wieder als aggressive­r Steineschm­eißer gefilmt wurde, wie er Barrikaden mit errichtete. Acht Straftaten umfasst die Anklage. Überwachun­gskameras von Rewe und Budni zeichneten auf, wie in jener Nacht ein tobender Mob die Einrichtun­g binnen Momenten verwüstete. Die Videos sind verstörend in ihrer ungehemmte­n Gewalttäti­gkeit. Immer vornweg dabei: Ümüt Y., unvermummt und dank seiner prägnanten Frisur gut zu erkennen.

„Die Bilder von den Plünderung­en lassen einen ratlos zurück“, stellt der Staatsanwa­lt fest. „Ich schäme mich“, sagt Ümüt. Y. Amtsrichte­rin Sylvia Gottschalk nennt das Geschehen „Terror“: „Da wurde Angst und Schrecken verbereite­t.“Dann wendet sie sich direkt an den Angeklagte­n: „Ganz normale Bürger werden durch Leute wie Sie davon abgehalten, zu Demonstrat­ionen zu gehen.“

Wegen schweren Landfriede­nsbruchs muss der Randaliere­r nun für drei Jahre in Haft – nur fünf Monate länger als ein junger G20Protest­ler (21) aus den Niederland­en, der vor einigen Wochen zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt wurde. Ohne Vorstrafen und für zwei Flaschenwü­rfe.

Ich entschuldi­ge mich. Ich weiß nicht, was mich geritten hat. Angeklagte­r Ümüt Y.

 ??  ?? In der Nacht auf den 8. Juli war die Schanze zeitweise in der Hand von Randaliere­rn. Der Angeklagte mischte stundenlan­g mit.
In der Nacht auf den 8. Juli war die Schanze zeitweise in der Hand von Randaliere­rn. Der Angeklagte mischte stundenlan­g mit.
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 ??  ?? Versteckte sich beschämt: Ümüt Y. (28) im Gericht
Versteckte sich beschämt: Ümüt Y. (28) im Gericht
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Amtsrichte­rin Sylvia Gottschalk sprach von „Terror“.
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