Hamburger Morgenpost

Hamburgs Mann für alle Fälle

Amedeo Musto D’Amore (63) ist Concierge im Hotel „Vier Jahreszeit­en“. Was er in 40 Jahren mit Scheichs und Schauspiel­ern erlebt hat

- THOMAS HIRSCHBIEG­EL t.hirschbieg­el@mopo.de

Grauer „Cut“mit zwei gekreuzten goldenen Schlüsseln auf den Aufschläge­n, dezente hellgraue Krawatte, perfekte Manieren: Amedeo Musto D’Amore (63) ist eine Legende. Seit genau 40 Jahren arbeitet er als Concierge im Hotel „Vier Jahreszeit­en“. Die MOPO am Sonntag sprach mit ihm über fast unmögliche Aufträge, den Geschmack der Scheichs – und darüber, wie er Sylvester Stallone zu einer neuen Jeans verhalf.

MOPO am Sonntag: Können Sie mir Karten für die Elphi besorgen?

Amedeo Musto D’Amore: Die Antwort eines Concierge lautet immer: Wir versuchen es. Das ist unser Motto. Aber diese Elbphilhar­monie-Karten, das ist eine ganz schwierige Aufgabe ...

Und Ihre Erfolgsquo­te?

Am Anfang war es ganz schlecht, jetzt schaffe ich es in etwa der Hälfte der Fälle, Karten zu besorgen. Wenn ich ahne, dass die Nachfrage bei einem Konzert groß sein wird, decke ich mich auch mal mit Tickets ein. Beispielsw­eise für die Konzerte mit Anne-Sophie Mutter im kommenden Jahr.

Sie ist auch Gast bei Ihnen?

Ja, ich kenne sie schon, seit sie 18 Jahre alt war. Sie sagt mir immer: „Herr D’Amore, ich bin immer gern bei Ihnen zu Gast.“Sie fühlt sich bei uns wie zu Hause.

Können Sie Gästen denn auch mal ein Treffen mit einem Promi arrangiere­n?

Schwierig. Aber bei Hochzeiten habe ich schon ein, zwei Mal einen Kontakt zu einem Schauspiel­er vermittelt, der dann dort aufgetrete­n ist.

Was war denn Ihre schwierigs­te Aufgabe bisher?

Schwer wird es immer dann, wenn etwas innerhalb von ein paar Stunden passieren soll. Aber auch dann ist es nicht unmöglich. Vor Jahrzehnte­n meldete sich einmal der Fahrer eines russischen Gastes nachts aus Kopenhagen. Er sagte, er bräuchte sofort 300 Rosen für seine junge Freundin. In der dänischen Hauptstadt waren alle Läden zu. Ich hab’ die Blumen dann am Hauptbahnh­of organisier­t und per Taxi nach Flensburg geschickt. Das hat geklappt: Der Chauffeur des Russen kam aus Kopenhagen angefahren und holte den Strauß ab.

Fällt Ihnen noch ein ungewöhnli­cher Auftrag ein?

Natürlich. Ein Scheich wollte einmal die Suite 209 als Oase ausgestatt­et haben. Wir haben dann zusammen mit unserer Floristin für gut 10 000 Euro Palmen und Blumen im Überfluss besorgt. Nach zwei Tagen brauchte der Gast die Blumenprac­ht nicht mehr – und jeder Mitarbeite­r durfte sich etwas aussuchen. Ich habe mir einen schönen Gummibaum mitgenomme­n.

Beim G20-Gipfel sollte ja dieses Jahr der saudische König zu Ihnen kommen ...

Ja, wir hatten schon alles vorbereite­t. Der Monarch hat dann 48 Stunden vorher abgesagt. Eigentlich war hier im Hause ein Treffen mit König Salman ibn Abd al-Aziz, Frau Merkel und Donald Trump vorgesehen.

Der ehemalige US-Außenminis­ter John Kerry war 2016 bei Ihnen. War er ein schwierige­r Gast?

Nein! Schwierig sind immer die Begleiter. Hollywood-Stars oder Politiker sind fast immer locker. Stress macht dann der Sekretär des Sekretärs. Nehmen Sie Sylvester Stallone, der war total locker, wir haben auf Italienisc­h miteinande­r gesprochen.

Stars oder Politiker sind fast immer locker. Stress macht dann der Sekretär des Sekretärs. Schwer wird es immer dann, wenn etwas innerhalb von ein paar Stunden passieren soll.

Hatte er spezielle Wünsche?

Er wollte unbedingt eine Jeans, die er im Schaufenst­er des Ladens nebenan gesehen hatte.

Und?

Wir sind beide rübergegan­gen – und dann hat er ein wenig mehr gekauft als nur eine Jeans.

An welche Persönlich­keit haben Sie noch spezielle Erinnerung­en?

Sophia Loren, die war eine echte Diva und nicht ganz einfach. Sie war drei Mal hier, und ein Mal standen Hunderte Fans vor der Tür. Ich ließ dann ihre große weiße Limousine Richtung Garage fahren. Alle Fans liefen hinterher und Sophia Loren konnte am Eingang mit einem unauffälli­gen Auto wegfahren.

Der beeindruck­endste Mensch, den Sie je getroffen haben?

Das war König Umberto II. Drei Tage war ich hier der Diener des letzten Königs von Italien. Er war unter dem Pseudonym „Graf Lasalle“hier und hat mir dann später noch eine Weihnachts­karte geschickt. Er war wirklich eine ganz außerorden­tliche Persönlich­keit, hat mich sogar eingeladen. Leider ist er anderthalb Jahre nach dem Besuch verstorben.

Sie verbringen Ihr Leben seit 40 Jahren mit Weltstars, Superreich­en oder Königen – hat diese Welt Sie nie gereizt?

Okay, in der Hotellerie wird man nicht reich, aber man wird reich an Erfahrunge­n. Ich habe so viele Menschen kennengele­rnt, Freunde gewonnen. Und ich kann meine Familie

Egal wie hoch das Trinkgeld wäre – bei allem, was mit Prostituti­on, Drogen oder Waffen zu tun hätte, würde ich sagen: no way!

ernähren. Ich würde meinen Beruf jederzeit wieder ergreifen. Ich bin happy.

Wenn man unten in der Lobby des Hotels steht, fällt auf, dass viele Gäste extrem leger gekleidet sind. Man sollte meinen, dass das in einem Haus Ihrer Klasse anders wäre ...

Vielleicht denkt man das, ja. Aber nicht Sakko und Krawatte machen den Menschen aus. Wir haben einen Stammgast, der trägt fast immer einen Jogginganz­ug. Aber er ist ein Top-Manager, kommt mit der Privatmasc­hine nach Hamburg geflogen und ist ein absoluter Gentleman. Das merkt man sofort. Nur die Tatsache, dass sich jemand einen Brioni-Anzug leisten kann, bedeutet ja noch lange nicht, dass er ein Gentleman ist. Aber egal, was jemand trägt: Der Gast ist König – und ich bin dafür da, seine Probleme zu lösen und seine Wünsche zu erfüllen.

Gibt es denn Wünsche, die Sie nie erfüllen würden?

Absolut. Egal wie hoch das Trinkgeld wäre – bei allem, was mit Prostituti­on, Drogen oder Waffen zu tun hätte, würde ich sagen: no way! In seinem langen Berufslebe­n hat Amedeo Musto D’Amore Dutzende Autogramme gesammelt, so auch von „StarTrek“-Star Patrick Stewart und Diva Gina Lollobrigi­da.

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Seit 40 Jahren sein Arbeitspla­tz: Concierge Amedeo Musto D ’Amore (63) am Empfang des Hotels „Vier Jahreszeit­en“am Neuen Jungfernst­ieg
 ??  ?? Amedeo Musto D ’Amore 1981 am Empfang des „Vier Jahreszeit­en“mit einer Opernsänge­rin und ihrer Tochter
Amedeo Musto D ’Amore 1981 am Empfang des „Vier Jahreszeit­en“mit einer Opernsänge­rin und ihrer Tochter
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