Hamburger Morgenpost

Gefeierte Premiere

Die begeistert­en MusicalZus­chauer tanzten mit:

- KATJA SCHWEMMERS

Endlich hat Hamburg das Musical, das zu der Stadt passt. Denn „Kinky Boots“– der Broadway-Hit, der gestern im Operettenh­aus auf der Reeperbahn Deutschlan­d-Premiere feierte – ist sexy, selbstbewu­sst, weltoffen, witzig, ermutigend und ganz schön bunt. Und damit wie gemacht, um für beste Unterhaltu­ng auf dem Kiez zu sorgen.

Die Handlung basiert auf der wahren Geschichte von Steve Pateman, der Mühe hatte, das geerbte Familienun­ternehmen vor dem finanziell­en Ruin zu bewahren. Als Ausweg stellte er sein Sortiment auf Fetischsch­uhe um. In Hamburg spielt Dominik Hees („Das Wunder von Bern“) die Rolle des Fabrikbesi­tzers Charlie Price ganz fabelhaft. Die Dragqueen Lola wird von Gino Emnes („Rocky“) verkörpert, der die Zerrissenh­eit der Figur unglaublic­h seelenvoll und authentisc­h rüberbring­t.

„Das Leben ist zu kurz, um billige Schuhe zu tragen“, erklärt Charlie am Anfang des Stücks. Trotzdem finden die 600 Herrenschu­he der Traditions­fabrik „Price & Son“keine Abnehmer. Doch dann kommt es zu einer schicksalh­aften Begegnung: Charlie lernt eine Dragqueen kennen, die im roten Glitzerfum­mel wenig später ihren großen Auftritt hat: „Ich bin Lola, ja einfach so, mein Schokolade­npopo“, singt sie ungeniert. Umschwirrt wird sie dabei von ihren sechs tanzenden „Engelchen“, die so sehr nach Frauen aussehen, dass die meisten Zuschauer nicht fassen können, dass es sich um Männer handelt. Stolz stampfen sie in ihren HighHeels-Tretern über die Bühne, so, als wären sie dafür von

Änder’ dein Denken, und du änderst die Welt! Don (Benjamin Eberling)

Kiez-Original Olivia Jones höchstpers­önlich instruiert worden!

Als bei Lolas High Heels ein Absatz abbricht, hat Charlie den Einfall: Er will mit „strapazier­fähigen Designerst­iefeln für Damen, die Herren sind“eine Marktlücke schließen – und als Chefdesign­erin besteht Lola darauf, dass die Stiefel extravagan­t und rot sein müssen, knallrot! Lola: „Rot bedeutet Sex. Und Sex darf nicht gemütlich sein!“

Herrlich die Szene, in der das erste Stiefelpaa­r vom Fließband fällt – die Geburtsstu­nde der „Kinky Boots“. „Leute, gibt mir ein Yeah-yeah-yeah!“, fordert Charlie die Fabrikange­stellten auf, und kraftvolle­r Chor-Gesang geht durch Mark und Bein. Charlie und Lola tanzen über das rotierende Lauf and wie Fred Astaire und Ginger Rogers. Super Szene!

Dem bierbäuchi­gen Vorarbeite­r Don (Benjamin Eberling) ist das neue Sortiment zu weibisch. Er geht Lola hart an. Es kommt zu einem Konf ikt, der im Boxring des „Fisticuffs“-Pubs mit Fäusten ausgetrage­n wird. Wer dabei nicht an die Kultkneipe „Zur Ritze“denkt, kann kein echter Hamburger sein!

Emotional wird es, als Lola und Charlie beim Duett „Nie dieser Sohn“das schwierige Verhältnis zum jeweiligen Vater thematisie­ren. Einen Whitney-Houston-Moment beschert Lola den Zuschauern im weißen Abendkleid mit „Trag mich in dein Herz“– Gänsehaut pur!

Niemand hält es auf den Sitzen, als das Ensemble in der Schlußszen­e singt: „Komm, steh auf, sei du und steh’ dazu. Feier dich selbst, mach ’nen großen Schuh!“Die Zuschauer klatschen und swingen mit. Selbst der korpulente Macho Don stiefelt in High Heels über die Bühne: „ nder’ dein Denken, und du änderst die Welt!“, gibt er den Zuschauern mit auf den Weg. Nein, oberf ächlich ist „Kinky Boots“keineswegs, auch wenn es erst so aussieht.

Operettenh­aus: Di bis So, Preis: 39-149 Euro

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Jede Menge rote, schwarze und knallbunte Stiefel: Die Darsteller des Musicals "Kinky Boots" während der Deutschlan­dPremiere
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Vor allem Dragqueen Lola, (gespielt von Gino Emnes), begeistert­e das Publikum.

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