Hamburger Morgenpost

Seit 20 Jahren verschwund­en!

1997 kehrte Andreas Dünkler nicht mehr von einem St. Pauli-Spiel zurück. Wurde er Opfer eines Verbrechen­s in Eppendorf? Jetzt wird der Fall neu aufgerollt

- ANASTASIA IKSANOV a.iksanov@mopo.de

20 Jahre sind vergangen – jetzt rollt die Soko „Cold Cases“den Fall Andreas Dünkler neu auf. Der Eppendorfe­r war 1997 von einem FC St. Pauli-Spiel nicht nach Hause zurückgeke­hrt – und blieb spurlos verschwund­en. Die MOPO sprach mit der Mutter des damals 29jährigen Jura-Studenten.

„Ich will einfach, dass der Fall aufgeklärt wird“, sagt Gisela H. zur MOPO. „Damit ich abschließe­n kann.“Andreas Dünkler war kein leiblicher Sohn, aber „wie ein eigener. Mein Mann und ich hätten ihn adoptiert, aber er wollte seinen Nachnamen behalten“, sagt die zierliche Frau, die vierfache Mutter ist.

Gisela H. nahm Andreas Dünkler zur Pf ege, als er zehn Jahre alt war. Kurze Zeit vorher hatte er seine Eltern verloren. „Er war zum Studieren in Braunschwe­ig. Zuletzt machte er sein Referendar­iat bei einem Notar in Hamburg und wohnte etwa seit vier Jahren wieder zu Hause“, sagt sie. „Andreas war kurz vor seinem zweiten Staatsexam­en. Einerseits hatte er Bammel, anderersei­ts freute er sich drauf. Sein Job beim Notar war schon sicher.“

An den Tag seines Verschwind­ens erinnert sie sich genau. Es ist der 18. Februar 1997. Andreas Dünkler ist mit zwei Freunden zum FC St. Pauli-Spiel gegen Vf Bochum im Millerntor­stadion verabredet. Draußen tobt ein Sturm. Laut Gisela H. zieht ihr Sohn eine blaue Jacke an und setzt sein braunes St. Pauli-Käppi auf. „Er hatte mir noch einen Kaffee gemacht, bevor er ging. Er kümmerte sich sehr um mich.“Auch deshalb hat sie nie an ein freiwillig­es Verschwind­en geglaubt. Inzwischen geht auch die Polizei von einem Tötungsdel­ikt aus.

Als die jungen Männer am Stadion eintreffen, wird das Spiel wegen des Unwetters abgesagt. Sie ziehen in die Kneipe „Irish Rover Pub“an der Steinstraß­e (Altstadt), die es nicht mehr gibt. And-

reas trinkt ein Guinness, erinnert sich später der Barkeeper. Am Hauptbahnh­of trennen sich dann die Wege der Freunde.

Mit einem von ihnen geht Dünkler noch hinab zur U1, will zur Kellinghus­enstraße fahren. Sein Kumpel fährt in Richtung Wandsbek Markt, seine Bahn kommt früher. Er sieht ihn als Letzter. Die Überwachun­gskamera zeichnet die Situation nicht auf. Ausgerechn­et in diesem Moment wird das Band gewechselt.

Gisela H. erstattet gleich am nächsten Morgen Anzeige. Voller Sorge fährt sie die nächsten Tage die Strecke mit der U-Bahn ab, verteilt Handzettel und klebt Plakate – erfolglos. Auch die Polizei tappt im Dunkeln. Es gibt nur eine Zeugenauss­age, dass möglicherw­eise Dünkler gegen 23 Uhr von zwei Männern blutend aus der UBahn-Station Kellinghus­enstraße geschleift wurde. Das Opfer soll jedoch einen khakifarbe­nen Militärpar­ka getragen haben.

Anderthalb Jahre später taucht Dünklers Ausweis auf – gefunden von einem Mädchen an einem Radweg zwischen Brokdorf und Brunsbütte­l in Schleswig-Holstein. Auch da verlaufen die Ermittlung­en im Sande.

Jetzt wendete sich Gisela H. erneut an die Polizei – die tatsächlic­h noch mal versucht, den Fall aufzukläre­n. Hinweise an die Soko „Cold Cases“: Tel. 428 65 67 89.

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Gisela H. (78) hatte Andreas Dünkler als Kind zur Pflege genommen. Er wäre nie einfach verschwund­en, sagt die Mutter.
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Andreas Dünkler hätte im April 1997 sein 2. Staatsexam­en in Jura geschriebe­n. Bei einem Notar hatte er eine Zusage für einen Job.

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