Hamburger Morgenpost

760 Euro für drei Sekt

Warum der Wucher erlaubt ist:

- STEPHANIE LAMPREC stephanie.lamprecht@m

760 Euro für vier PiccoloFlä­schchen billigen „Fruchtscha­umwein“! Weil sie zwei arglose Touristen aus Bayern abgezockt haben, standen gestern eine Bardame (58) und zwei Tänzerinne­n (33 und 44) der Kiez Bar „Blue Night“vor Gericht. Vorwurf: Erpressung. Und obwohl der Richter überzeugt war, dass der überteuert­e Fusel den Gästen „untergesch­oben“wurde, sprach er das Trio frei.

Was die beiden jungen Männer dem Gericht schilderte­n, ist eine „gerichtsbe­kannte Masche“, wie die Staatsanwä­ltin sagte: Die Touristen wurden mit moderaten BierPreise­n in die Bar gelockt und hatten plötzlich vier Piccolo „Garant Royal“(„Das leichte Getränk für die gehobene Nachtgastr­onomie“) à 190 Euro auf der Rechnung: „Die hatte ja niemand bestellt“, klagt eines der Abzock-Opfer im Gericht. Weil sie „ein ungutes Gefühl“hatten, bezahlten die Freunde die FantasieSu­mme und gingen schnurstra­cks zur Polizei.

Die Staatsanwä­ltin forderte eine Geldstrafe von 2700 Euro für die Barfrau und 1200 Euro für die eine Tänzerin. Die dritte Angeklagte, einschlägi­g wegen der Abzocke von Freiern vorbestraf­t, sollte gar für fünf Monate in Haft. Ohne Bewährung.

Der Amtsrichte­r jedoch sprach alle drei Frauen frei. Begründung: „Ich bin überzeugt, dass es nicht mit rechten Dingen zuging. Die For- derung des Geldes war unbegründe­t, die Getränke wurden ihnen untergesch­oben, aber das müssen sie auf zivilrecht­lichem Weg klären. Für eine Erpressung fehlt die Durchsetzu­ng der Forderung mit einem unlauteren Mittel.“

Sprich: Die Männer hätten sich ja weigern können, zu zahlen. Eine Bedrohungs­situation sei nicht nachzuweis­en. Die Bardame hatte gar behauptet, sie haben „zehnmal gefragt“, bevor sie die Piccolos serviert habe: „Ohne zu fragen, bringe ich nichts.“Das wiederum glaubte der Richter nicht.

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Die Tänzerin (44, l.), die Bardame (58) und eine zweite Tänzerin (33, r.) verstecken sich im Gericht. Sie haben die Vorwürfe bestritten.
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In der Kiez-Bar „Blue Night“kostet das Piccolöche­n 190 Euro.
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„Ungutes Gefühl“: einer der Touristen aus Bayern, die den Schaumwein teuer bezahlten.
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