Hamburger Morgenpost

Diese Bank gefährdet Hamburgs Zukunft

Bei jeder Schweinere­i war die HSH-Nordbank dabei: Banker, Reeder und Politiker haben unsere Stadt um Milliarden gebracht. Das muss endlich schonungsl­os aufgeklärt werden!

- NORBERT HACKBUSCH ist Abgeordnet­er der Linken in der Hamburgisc­hen Bürgerscha­f und versucht seit Jahren, das Nordbank-Desaster aufzuarbei­ten.

Die HSH-Nordbank war eine beschaulic­he Regionalba­nk. Bis sie von geltungssü­chtigen Vorständen und Politikern mit Steuergeld vollgepump­t wurde. Bis sie dieses Geld hochspekul­ativ anlegte. Bis sie anf ng, den Staat, ihren Eigentümer, durch dubiose Deals in Steueroase­n und Beihilfe zur Steuerhint­erziehung zu betr gen. Am Ende ging sie krachend pleite. Wir alle zahlen jetzt die gigantisch­e Rechnung – während Reeder, die selber in Steueroase­n leben, noch Millioneng­eschenke bekommen. Und die nächsten Heuschreck­en stehen schon Schlange.

Die Nordbank hat die Steuerzahl­er in Hamburg und Schleswig-Holstein unvorstell­bar viel Geld gekostet: zwischen 16 und 27 Milliarden Euro – wie viel die Pleite am Ende genau kosten wird, kann noch niemand sagen. Aber gewiss ist: Die Vermögen in der Bank, aber auch in einem Pensionsfo­nds der Stadt, sind vernichtet. Und es wird mehr vernichtet.

Denn in den nächsten Monaten werden Garantien in Höhe von zehn Milliarden Euro in Anspruch genommen. Die Verschuldu­ng Hamburgs und Schleswig-Holsteins steigt damit weiter. Anders gesagt: Alle Bemühungen der Stadt in den vergangene­n 25 Jahren, durch Kürzungen, Schließung­en, Privatisie­rungen zu sparen, waren umsonst.

Wie konnte das passieren? Wie konnte eine öffentlich­e Bank unter staatliche­r Kontrolle so aus dem Ruder laufen?

Der Reihe nach. Da war ein Bankvorsta­nd, der schlicht außer Rand und Band war, der größenwahn­sinnig wurde. Der die Nordbank von einer biederen grundsolid­en Bank für norddeutsc­he Investitio­nen zu einem internatio­nalen Superplaye­r machen wollte.

Dabei ging der Vorstand skrupellos vor: Er nutzte staatliche Privilegie­n, um die Bank mit Geld aufzupumpe­n, für das jetzt die Steuerzahl­er haften. Das Perfide: Er investiert­e dieses Geld in hochspekul­ative Geschäfte – angefeuert vom Zeitgeist des Neoliberal­ismus, von privatisie­rungssücht­igen Senatoren wie Wolfgang Peiner (CDU), unterstütz­t von überforder­ten Politikern, die nicht wussten, vielleicht auch nicht wissen wollten, was sie dort beaufsicht­igten.

Sie alle waren wie besoffen vom Kurs der HSH. Die Nordbank kannte kein Halten mehr: Erst machte sie hochriskan­te Immobilien­deals, dann vergab sie Milliarden­kredite für Schiffe. Das aberwitzig­e Ziel: der weltgrößte Schiffsfin­anzierer zu werden! Und das zu einem Zeitpunkt, als sich viele schon aus diesem riskanten Geschäft zurückgezo­gen hatten. „Die Schiffe f ogen uns wie gebratene Enten in den Mund“, beschrieb Reeder Bertram Rickmers später die Freizügigk­eit bei der Kreditverg­abe.

Reeder, unter ihnen einst so ehrwürdige Namen wie Rickmers, Schoeller oder Kortüm, sammelten von vertrauens­seligen Anlegern Unsummen an Kapital im Rahmen geschlosse­ner Fonds. Freudig erregt gaben die HSH-Banker rund die Hälfte dazu. Nur die wild spekuliere­nden Reeder investiert­en so gut wie nichts von ihrem eigenen Geld.

Das Ergebnis dieses desaströse­n Handelns sieht man nun bei den „Restruktur­ierungen“– was nur ein anderes Wort für einen perfekt organisier­ten Raubzug durch die Taschen

des Steuerzahl­ers ist! Die HSH (und damit die Bürger im Norden) erließ zum Beispiel dem Reeder Heinrich Schoeller 680 Millionen Euro an Schulden.

680 Millionen Euro – das ist knapp der Wert einer Elbphilhar­monie. Der ach so ehrenwerte Hamburger Kaufmann Schoeller wohnt übrigens aus Steuergrün­den seit Jahrzehnte­n auf Zypern.

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Ob Beihilfe zur Steuerhint­erziehung, Geschäfte in Steueroase­n oder dubiose Deals mit mafiösen Strukturen in Italien: Es ist schon ein Husarenstü­ck der besonderen Art, dass eine Bank im Eigentum zweier Bundesländ­er (also im Eigentum der Bürger) diese Länder betrügt, wo es nur möglich scheint.

Und der Senat – was macht er? Der hat den Bürgern immer viel versproche­n, immer versichert: Die Malaise kostet euch nichts! Seid beruhigt, wir haben alles im Griff !

Doch seit Anfang 2017 ist es vorbei mit der Schönredne­rei, die doch nichts als Lüge war: Nun wissen wir, dass die Länder Milliarden zahlen müssen für ausgefalle­ne Kredite. Die Länder? Nein, die Bürger! Wir alle und danach unsere Kinder. Das Desaster, der Raubzug, geht auf Kosten unserer Zukunft.

Dabei hätte es nicht ganz so schlimm kommen müssen: Wäre die HSH nach dem Sanierungs- und Abwicklung­sgesetz des Bundes abgewickel­t worden, hätte die Stadt wohl einige Milliarden gespart.

Die Nordbank muss verkauft werden, so verlangt es die EU. Der Senat hat versproche­n, dass kein Euro mehr in der Sache ausgegeben wird. Ist das glaubhaft?

Ich bin da skeptisch. Weil wir als Abgeordnet­e noch keine Verträge einsehen konnten. Die Geheimnisk­rämerei des Senats ist nichts als eine Verachtung des Parlaments.

Als potenziell­e Käufer haben sich einige Interessen­ten gemeldet: allesamt Hedgefonds! Dass die eine seriöse, dem Allgemeinw­ohl verpf ichtete Bank entwickeln, ist kaum zu erwarten. Sie wollen filetieren, kassieren, profitiere­n.

Dabei sind noch so viele Fragen offen: Wie kann es sein, dass Vorstände Milliarden verzocken, ohne dafür zur Rechenscha­ft gezogen zu werden?

Wie kann es sein, dass die Kontrollme­chanismen der Politik dermaßen versagt haben und immer noch versagen?

Auf lärung ist nötig. Zu groß ist der Schaden, um zur Tagesordnu­ng überzugehe­n. Ein Parlamenta­rischer Untersuchu­ngsausschu­ss muss sein.

Wir alle zahlen jetzt die Zeche. Und danach unsere Kinder. Der Raubzug geht auf unsere Kosten. Norbert Hackbusch

 ??  ?? Die Ex-Vorstandsc­hefs der HSHNordban­k, Dirk Jens Nonnenmach­er (2.v. r.) und Hans Berger (4.v. l.), sowie weitere Angeklagte und Anwälte stehen 2013 vorm Landgerich­t Hamburg. Der Prozess wegen Untreue endete mit einem Freispruch.
Die Ex-Vorstandsc­hefs der HSHNordban­k, Dirk Jens Nonnenmach­er (2.v. r.) und Hans Berger (4.v. l.), sowie weitere Angeklagte und Anwälte stehen 2013 vorm Landgerich­t Hamburg. Der Prozess wegen Untreue endete mit einem Freispruch.
 ??  ?? Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPORedakt­eure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPORedakt­eure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
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