G20: RekordStrafe für Plünderer
Kunsthändler verurteilt:
149 Tage sind vergangen seit dem G20-Gipfel, doch die Aufarbeitung der Krawalle rund um den Polit-Gipfel ist noch längst nicht abgeschlossen. Gestern ging die Polizei bei einer bundesweiten Razzia gegen 22 Beschuldigte vor. Sie alle stehen im Verdacht, einen gezielten Angriff auf die Polizei am Rondenbarg (Bahrenfeld) verübt zu haben. Der Mann hinter dem wohl größten Schlag gegen die linksextreme Szene: Jan Hieber.
Der Anzug sitzt perfekt. Dicke Adern ziehen sich über seine Hände, wenn er gestikuliert, auf Fragen antwortet oder Sachverhalte erläutert. Der Blick starr, entschlossen, die Miene verzieht sich nicht: das ist Jan Hieber. Der Chef der Sonderkommission „Schwarzer Block“hat den G20-Drahtziehern den Kampf angesagt. Zusammen mit seinem 169-köpfigen Team bereitet er seit Monaten die Geschehnisse rund um den Gipfel auf. Sie werten jeden Schnipsel aus, schauen sich jede Video-Sequenz wieder und wieder an, gehen jeder noch so kleinen Spur akribisch nach.
3000 Ermittlungsverfahren führt die Soko unter der Führung des Kriminaldirektors und ehemaligen Leiters des Staatsschutzes gegen mutmaßliche G20-Täter. „Mehrere hundert richten sich gegen konkrete, der Polizei bekannte Täter“, so Hieber.
583 Polizisten aus der ganzen Republik durchsuchten gestern Morgen um kurz nach 6 Uhr bundesweit 25 Objekte, darunter in Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, RheinlandPfalz, Niedersachsen – und natürlich in Hamburg. In Stellingen wurde die Wohnung von Halil S. alias „Deniz Ergün“durchsucht. Er ist führendes Mitglied der linksextremen Gruppierung „Roter Auf au Hamburg“, die mit martialischen Drohvideos Gewalt während des G20-Gipfels angekündigt hatte.
Die Ermittlungen richten sich gegen 22 Beschuldigte, die alle in Verbindung mit dem umstrittenen Vorfall am Rondenbarg (Bahrenfeld) stehen sollen. Drei von ihnen hat die Polizei sogar auf sichergestelltem Videomaterial identifizieren können.
Zur Erinnerung: Am Morgen des 7. Juli war es am Ron- denbarg zwischen Polizei und etwa 150 Demonstranten zu einer Auseinandersetzung gekommen – laut Polizei haben die Linksextremen einen Angriff provoziert und lange im Voraus geplant. Einsatzkräfte seien mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen worden. Als sich
die Beamten zur Wehr setzten, zogen sich die schwarz gekleideten Vermummten zurück. 14 von ihnen f üchteten über das Gerüst einer Firma. Dabei sollen sie nach Darstellung der Polizei gestürzt sein, wobei sie sich zum Teil schwer verletzten. Die Betroffenen stellen den Vorfall allerdings ganz anders dar. Sie sagen, sie seien von den Beamten runtergestoßen und zum Teil getreten worden.
59 Menschen wurden nach dem Vorfall festgenommen – darunter 53 bereits polizeibekannte Täter. Insgesamt gebe es 75 Beschuldigte, die mit dem Vorfall am Rondenbarg in Zusammenhang stehen.
Unter den Verdächtigen befindet sich auch Fabio V. (18). Der junge Italiener, der vergangenen Montag gegen eine Kaution von 10 000 Euro aus der U-Haft entlassen wurde (MOPO berichtete), habe zwar nicht mit Steinen geworfen, soll sich aber laut Polizei in der „heißen Zone“des Schwarzen Blocks befunden haben. Der Prozess gegen ihn läuft noch. So weit zur Vorgeschichte. Es wird darüber spekuliert, ob die linke Szene von den gestrigen Razzien wusste und sich auf die Hausbesuche vorbereiten konnte. Das behauptet zumindest der Berliner Kurier, der sich auf Textnachrichten beruft, mit denen sich Mitglieder der Szene gegenseitig gewarnt haben sollen. Einsatzleiter Hieber dazu: „Wir hatten nicht das Gefühl, dass man uns erwartet.“
Festnahmen gab es gestern nicht – noch nicht. Hieber sagt: „Bei den Durchsuchungen ging es nicht darum, weitere Täter zu ermitteln, sondern darum, den Verdacht gegen Beschuldigte durch weitere Beweise zu erhärten.“So wurden 26 Laptops, 35 Handys und diverse Speichermedien wie USB-Sticks sichergestellt.
Am Abend zogen etwa 250 Anhänger der linken Szene durch die Sternschanze. Die Polizei begleitete den Zug mit zwei Hundertschaften. Bis Redaktionsschluss blieb es friedlich. Der Zug war gegen 20.30 Uhr am Grünen Jäger gestartet und richtete sich gegen die Razzia.
Es ging nicht darum, weitere Täter zu ermitteln, sondern um den Verdacht gegen die Beschuldigten zu erhärten. Jan Hieber, Soko-Chef