Hamburger Morgenpost

G20: RekordStra­fe für Plünderer

Kunsthändl­er verurteilt:

- DANIEL GÖZÜBÜYÜK daniel.goe@mopo.de

149 Tage sind vergangen seit dem G20-Gipfel, doch die Aufarbeitu­ng der Krawalle rund um den Polit-Gipfel ist noch längst nicht abgeschlos­sen. Gestern ging die Polizei bei einer bundesweit­en Razzia gegen 22 Beschuldig­te vor. Sie alle stehen im Verdacht, einen gezielten Angriff auf die Polizei am Rondenbarg (Bahrenfeld) verübt zu haben. Der Mann hinter dem wohl größten Schlag gegen die linksextre­me Szene: Jan Hieber.

Der Anzug sitzt perfekt. Dicke Adern ziehen sich über seine Hände, wenn er gestikulie­rt, auf Fragen antwortet oder Sachverhal­te erläutert. Der Blick starr, entschloss­en, die Miene verzieht sich nicht: das ist Jan Hieber. Der Chef der Sonderkomm­ission „Schwarzer Block“hat den G20-Drahtziehe­rn den Kampf angesagt. Zusammen mit seinem 169-köpfigen Team bereitet er seit Monaten die Geschehnis­se rund um den Gipfel auf. Sie werten jeden Schnipsel aus, schauen sich jede Video-Sequenz wieder und wieder an, gehen jeder noch so kleinen Spur akribisch nach.

3000 Ermittlung­sverfahren führt die Soko unter der Führung des Kriminaldi­rektors und ehemaligen Leiters des Staatsschu­tzes gegen mutmaßlich­e G20-Täter. „Mehrere hundert richten sich gegen konkrete, der Polizei bekannte Täter“, so Hieber.

583 Polizisten aus der ganzen Republik durchsucht­en gestern Morgen um kurz nach 6 Uhr bundesweit 25 Objekte, darunter in Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württember­g, Sachsen-Anhalt, RheinlandP­falz, Niedersach­sen – und natürlich in Hamburg. In Stellingen wurde die Wohnung von Halil S. alias „Deniz Ergün“durchsucht. Er ist führendes Mitglied der linksextre­men Gruppierun­g „Roter Auf au Hamburg“, die mit martialisc­hen Drohvideos Gewalt während des G20-Gipfels angekündig­t hatte.

Die Ermittlung­en richten sich gegen 22 Beschuldig­te, die alle in Verbindung mit dem umstritten­en Vorfall am Rondenbarg (Bahrenfeld) stehen sollen. Drei von ihnen hat die Polizei sogar auf sichergest­elltem Videomater­ial identifizi­eren können.

Zur Erinnerung: Am Morgen des 7. Juli war es am Ron- denbarg zwischen Polizei und etwa 150 Demonstran­ten zu einer Auseinande­rsetzung gekommen – laut Polizei haben die Linksextre­men einen Angriff provoziert und lange im Voraus geplant. Einsatzkrä­fte seien mit Steinen und Feuerwerks­körpern beworfen worden. Als sich

die Beamten zur Wehr setzten, zogen sich die schwarz gekleidete­n Vermummten zurück. 14 von ihnen f üchteten über das Gerüst einer Firma. Dabei sollen sie nach Darstellun­g der Polizei gestürzt sein, wobei sie sich zum Teil schwer verletzten. Die Betroffene­n stellen den Vorfall allerdings ganz anders dar. Sie sagen, sie seien von den Beamten runtergest­oßen und zum Teil getreten worden.

59 Menschen wurden nach dem Vorfall festgenomm­en – darunter 53 bereits polizeibek­annte Täter. Insgesamt gebe es 75 Beschuldig­te, die mit dem Vorfall am Rondenbarg in Zusammenha­ng stehen.

Unter den Verdächtig­en befindet sich auch Fabio V. (18). Der junge Italiener, der vergangene­n Montag gegen eine Kaution von 10 000 Euro aus der U-Haft entlassen wurde (MOPO berichtete), habe zwar nicht mit Steinen geworfen, soll sich aber laut Polizei in der „heißen Zone“des Schwarzen Blocks befunden haben. Der Prozess gegen ihn läuft noch. So weit zur Vorgeschic­hte. Es wird darüber spekuliert, ob die linke Szene von den gestrigen Razzien wusste und sich auf die Hausbesuch­e vorbereite­n konnte. Das behauptet zumindest der Berliner Kurier, der sich auf Textnachri­chten beruft, mit denen sich Mitglieder der Szene gegenseiti­g gewarnt haben sollen. Einsatzlei­ter Hieber dazu: „Wir hatten nicht das Gefühl, dass man uns erwartet.“

Festnahmen gab es gestern nicht – noch nicht. Hieber sagt: „Bei den Durchsuchu­ngen ging es nicht darum, weitere Täter zu ermitteln, sondern darum, den Verdacht gegen Beschuldig­te durch weitere Beweise zu erhärten.“So wurden 26 Laptops, 35 Handys und diverse Speicherme­dien wie USB-Sticks sichergest­ellt.

Am Abend zogen etwa 250 Anhänger der linken Szene durch die Sternschan­ze. Die Polizei begleitete den Zug mit zwei Hundertsch­aften. Bis Redaktions­schluss blieb es friedlich. Der Zug war gegen 20.30 Uhr am Grünen Jäger gestartet und richtete sich gegen die Razzia.

Es ging nicht darum, weitere Täter zu ermitteln, sondern um den Verdacht gegen die Beschuldig­ten zu erhärten. Jan Hieber, Soko-Chef

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Auch die Wohnung von Halil S. alias „Deniz Ergün“wurde durchsucht. Er ist Mitglied der linksextre­men Gruppe „Roter Aufbau Hamburg“.
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