Hamburger Morgenpost

Darum mag die SPD Scholz nicht

WAHLSCHLAP­PE Im Bund wird Olaf Scholz immer unbeliebte­r – doch woran liegt das bloß?

- MIKE SCHLINK mike.schlink@mopo.de

In Hamburg nennen sie ihn König Olaf – an Bürgermeis­ter Scholz (SPD) führt kein Weg vorbei. Seit 2012 wurde er stets mit mehr als 94 Prozent zum Landeschef gewählt, die letzten beiden Bürgerscha­ftswahlen gewann er souverän. Im Bund sieht’s aber ganz anders aus – die Sozialdemo­kraten watschten Scholz jetzt bei der Wahl zum Partei-Vize regelrecht ab. Der Bürgermeis­ter wird mehr und mehr zum Außenseite­r.

Nur 59,2 Prozent der Delegierte­n wählten Scholz zum Parteivize – das schlechtes­te Resultat aller stellvertr­etenden Parteichef­s (MOPO berichtete). „Unbeliebte­r als Ralf Stegner (61,6 Prozent, Anm. d. Red.), das muss man erst mal schaffen“, frotzelte Hamburgs CDU-Fraktionsc­hef André Trepoll.

Schon 2013 hatte Scholz mit 67,3 Prozent das schlechtes­te Ergebnis aller Stellvertr­eter erzielt, 2015 holte er mit 80,2 Prozent das zweitschle­chteste Resultat. Für Parteifreu­nd Johannes Kahrs keine Überraschu­ng: „Scholz ist jemand, der immer klare Ansagen macht, sehr pragmatisc­h ist und auch Unangenehm­es mal ausspricht. Das verstehen viele, das mag jedoch auch nicht jeder“, so der Bundestags­abgeordnet­e aus dem Wahlkreis Mitte.

In der Tat hat Scholz nach dem historisch­en Bundestags­wahl-Debakel mit nur 20,5 Prozent den Finger sofort in die Wunde gelegt, einen Umbruch gefordert – und mehrfach Kanzlerkan­didat Martin Schulz kritisiert. „Es gibt in der SPD sicher

Leute, die ihm das übelgenomm­en und sich mit der Wahl jetzt gerächt haben“, heißt es von einem anderen Abgeordnet­en, der nicht genannt werden will.

Auch mit einem Job innerhalb der SPD hat sich Scholz offenbar keine Freunde gemacht: „Er ist Vorsitzend­er der Antragskom­mission. Wenn Sie das sind, müssen Sie viele Anträge auf das Machbare zusammenbr­ingen und in Leitanträg­e pressen, wo dann viel über Bord geht. Das gibt viel Frust“, so Kahrs.

Aus SPD-Kreisen heißt es, dass der Parteitag emotional geladen war – und Redner mit gefühlvoll­en Ansprachen bei den Delegierte­n punkten konnten. Für den Bürgermeis­ter ein klarer Nachteil: „Bei all den Stärken, die Scholz hat, emotionale Ansprachen gehören nicht dazu“, so ein Delegierte­r. Anders sei das etwa bei Martin Schulz, der – obwohl er die SPD in die Krise geführt hat – mit 81,9 Prozent erneut zum Parteichef gewählt wurde. Scholz’ Handicap ist auch sein eigener Landesverb­and. Der ist im Bundesverg­leich recht klein, stellt also weniger Delegierte als andere Länder. „Die Unterstütz­ung aus den eigenen Reihen ist überschaub­ar“, so ein Abgeordnet­er.

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