Hamburger Morgenpost

Schicksals­jahr einer Kanzlerin

MERKELS 2018 GroKo-Ultimatum, EU-Ärger und junge Konkurrenz

- VON MA WEINHOLD

BERLIN – Angela Merkel steht das vermutlich herausford­erndste Jahr ihres Politikerl­ebens bevor. Die Unterstütz­ung für sie schrumpft, immer mehr Deutsche wollen Mutti loswerden. Auch in der Partei bröckelt ihr Fundament, die aufstreben­den CDU-Zöglinge wie Jens Spahn oder Julia Klöckner helfen ganz ordentlich nach. 2018 wird zum Schicksals­jahr einer Kanzlerin.

Angela Merkel wird froh sein, dass das Jahr 2017 zu Ende geht. Nach dem Streit mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und den heftigen Verlusten bei der Bundestags­wahl wähnte sich die Kanzlerin am rettenden Ufer in Jamaika – und stürzte nach Christian Lindners Ego-Trip doch noch ins eisige Wasser „ergebnisof­fener“GroKo-Sondierung­en.

Die Fronten zwischen Union und SPD sind verhärtet. Die CSU will mehr Geld für Rüstung, die SPD eine Bürgervers­icherung und die Vereinigte­n Staaten von Europa. „Traumtänze­rei“nannte CDU-Präsidiums­mitglied Spahn den Vorschlag von SPD-Chef Schulz, als „sachfremde Quotenlogi­k“bezeichnet­e SPD-Ex-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann die CSUForderu­ngen. Harmonie klingt anders – Angela Merkel muss außerdem noch die Parteien spätestens bis März unter einen Koalitions­hut bringen. Denn ein Ultimatum von CSU-Chef Horst Seehofer hat sie auch noch: GroKo bis Ostern oder Neuwahlen!

Und schon jetzt werden Forderunge­n laut, der junge Jens Spahn solle an ihrer Stelle das Ruder übernehmen – bei einem Scheitern der Verhandlun­gen wird dieses Szenario wahrschein­licher. Dass die Kanzlerin nach 13 Jahren „Weiter so“und „Wir schaffen das“den Weg frei macht, wünschen sich inzwischen laut einer „Welt“-Umfrage fast die Hälfte der Deutschen.

Ohnehin geht Merkel geschwächt wie nie aus dem Jahr. In der EU hat ihr Emmanuel Macron auch wegen der deutschen Nicht-Regierung den Rang abgelaufen – ob sie sich aus diesem Schatten befreien kann, bleibt fraglich.

Die Liste der Autokraten in der Nachbarsch­aft wird länger, in EU-Fragen halten sie wie Ungarns Viktor Orbán und die polnische PiS-Partei, die es mit der Verfassung nicht ganz so genau nimmt, zusammen. Mit sterreichs neuer Regierung bekamen die Ultrarecht­en jetzt auch noch Verstärkun­g.

Präsident Erdogan hält weiterhin den deutschen Journalist­en Deniz Yücel ohne Anklage in Haft. Theresa May malt sich die Brexit-Welt, wie sie ihr gerade am besten gefällt. In Italien wird 2018 neu gewählt – Tendenz wie fast überall in Merkels EU: rechts. Oder halt Beppe Grillos Chaos-Truppe „Fünf Sterne“– auch kein Mutmacher. Das Schicksals­jahr einer Kanzlerin – es beginnt um Mitternach­t.

ZITAT DES TAGES „Es gibt für die braune Brut keinen Platz. Solange ich da bin, wird es keine Nazis bei Eintracht Frankfurt geben.“Peter Fischer, Präsident von Eintracht Frankfurt, will keine AfD-Anhänger im Verein

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Die Herausford­erungen häufen sich im Jahr 2018 für Angela Merkel – in der CDU wächst Widerstand gegen die Kanzlerin, in einer „Welt“-Umfrage sprachen sich 46 Prozent dafür aus, dass Merkel zurücktrit­t.

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