Ist Gisdol am Ende?
Partie gegen Köln wird für den Trainer zum Schicksalsspiel. Vorstands-Boss Bruchhagen vermeidet klare Rückendeckung
War eigentlich schon Winterpause? Kaum zu glauben. Denn beim HSV herrscht nach nur einem RückrundenSpiel schon wieder Burn-outStimmung. Kann Markus Gisdol die Blockade noch mal lösen? Wenn nicht, dürfte er in Kürze seinen Job los sein.
Sie ließen sich Zeit, ehe sie zum Auslaufen in den Volkspark trabten. Fast 90 Minuten lang mussten die Profis des HSV die Videoanalyse des 0:1 gegen Augsburg über sich ergehen lassen. Eine Folge des schwachen Auftritts am Tag zuvor? Nein, nein, beruhigte Gisdol, „Es gibt immer viel zu besprechen nach Spielen.“Nach diesem aber vielleicht doch ein paar Takte mehr. Denn die Art und Weise, wie der HSV auftrat, raubte eine Menge Hoffnung auf den Klassenerhalt.
Mutlos, ideenlos, chancenlos. Unter dem Strich: grauenvoll. Die Frage stellt sich: Kann Gisdol noch mal die Wende einleiten? Oder ist er mit seinem Latein am Ende?
Die Zeiten, in denen sich Heribert Bruchhagen verbal komplett hinter seinen Trainer stellte, sind jedenfalls vorbei. Die Partie gegen Köln dürfte zu Gisdols Schicksalsspiel werden. „Wir sind in einer Situation, in der wir Punkte holen müssen“, erklärte der Vorstandsboss bei Sky , vermied ein klares Bekenntnis zu Gisdol und sagte stattdessen: „Mit den bis jetzt gezeigten Leistungen können wir nicht zufrieden sein. Wir entscheiden immer danach, was das Beste für den HSV ist.“
Damit ist klar: Die Bosse lassen sich jede Tür offen, auf weitere Misserfolge kurzfristig reagieren zu können. Und dann nicht öffentlich ihr Gesicht zu verlieren.
Gisdol selbst bleibt gelassen, zumindest wenn er sich mit Spekulationen um ihn befasst. Trainer-Diskussionen seien „Teil unseres Geschäfts, das trifft mich nicht persönlich“. Das Verhältnis zu Vorstand und Sportchef sei „ganz eng. Ich spüre nicht im Ansatz Misstrauen. Zumindest stelle ich das nicht fest.“
Die Kernfrage aber lautet: Kann Gisdol noch die Impulse setzen, die seine Mannschaft braucht? Offensiv lieferte der HSV in Augsburg einen Offenbarungseid ab, erspielte sich keine einzige klare Torchance. „Wir haben unzählige Male beim Umschalten die falsche Entscheidung getroffen“, monierte der Trainer. „Es fehlt an Mut!“Ein Problem, das schon vor der zugegeben kurzen Winter-Vorbereitung ausgemacht wurde. Eine Besserung aber ist nicht in Sicht. Diesen Schuh muss Gisdol sich anziehen. Auch eine Spielidee ist kaum bis gar nicht zu erkennen. In Augsburg presste der HSV zehn Minuten lang ordentlich, das war’s. Plan A? Nicht erkennbar. Plan B? Fehlanzeige.
Was für Gisdol erschwerend hinzu kommt: Der Zusammenhalt in der Mannschaft weist erste Risse auf. Kyriakos Papadopoulos marschierte am Sonnabend laut f uchend in die Kabine, monierte offen das Zweikampfverhalten seiner Mitspieler. Bobby Wood und André Hahn kritisierten mangelnde Unterstützung ihrer Kollegen im Offensivspiel. Dass Profis sich gegenseitig anprangern, gab es beim HSV lange nicht mehr. „Wir dürfen nicht auf uns eindreschen“, mahnt Dennis Diekmeier.
Und Gisdol? Der will arbeiten. Noch härter an Verbesserungen im Offensivspiel feilen. Und hoffen. Sei ja irgendwie blöd, das festzustellen, sagte er „aber irgendwie kennt man die Situation schon. Ich weiß dass wir in der Lage sind, Spiele zu gewinnen. Darauf setze ich.“
Vielleicht spürt er aber auch selbst, dass es bald zu Ende gehen dürfte mit ihm und dem HSV.