Götterdämmerung für die SPD
GroKo ja oder nein – für Parteichef Schulz geht es heute um alles.
BONN Für Martin Schulz kommt es immer heftiger: Kurz vor dem SPD-Parteitag in Bonn setzen die mächtigen Landesverbände Hessen und Nordrhein-Westfalen ihren Ober-Genossen und die gesamte Parteispitze mit neuen Bedingungen für die Koalitionsverhandlungen unter Druck.
Ihre Forderungen in einem gemeinsamen Antrag: In Koalitionsverhandlungen müssen bei den drei Knackpunkten Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne sachlichen Grund, Krankenversicherung („Einstieg in das Ende der Zwei-Klassen-Medizin“) und Familiennachzug von Flüchtlingen „substanzielle Verbesserungen“erzielt werden.
Eine Zwickmühle für den Parteivorstand. Der Leitantrag sieht bisher vor, Koalitionsverhandlungen „auf Basis der Sondierungsergebnisse und des SPD-Wahlprogramms“zu empfehlen.
Das dürfte den mächtigen Landesverbänden nicht mehr reichen. Ihr Ja zur Aufnahme von GroKo-Verhandlungen mit CDU und CSU in der Abstimmung am heutigen Sonntag hängt am seidenen Faden. Welche Zugeständnisse der Parteiführung reichen für die Zustimmung zum GroKo-Mandat? Das Schachern beginnt.
Die Union hat wesentliche Nachbesserungen an den Sondierungsergebnissen bereits ausgeschlossen. Auch die SPDSpitze sieht solche Forderungen skeptisch. Fraktionschefin Andrea Nahles hat davor gewarnt, sich „Illusionen“zu machen. Über die SPD-Forderungen nach einer Bürgerversicherung und einer Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen sei bereits hart gerungen worden, sagte sie. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Position der Union über Nacht wirklich auflöst.“
SPD-Chef Schulz sieht dagegen Spielraum: In Koalitionsverhandlungen werde „sicher das eine oder andere noch dazukommen“.
Heute entscheiden mehr als 600 Delegierte auf dem Parteitag über Verhandlungen mit der Union, die dann schon am Montag beginnen könnten – vier Monate nach der Bundestagswahl. Die Landesverbände Hessen und NRW stellen zusammen 216 Delegierte und damit mehr als ein Drittel.
Führende Politiker der NRWSPD drängen Schulz, auf einen Ministerposten zu verzichten, so der „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das könne viele Delegierte zu einem Ja zur GroKo bewegen.