Muss die wirklich weg?
Das Wahrzeichen soll abgerissen werden. Warum und was Hamburger dazu sagen
Seit mehr als 40 Jahren prägt die Köhlbrandbrücke das Bild der Stadt, ist aus Hamburgs Skyline nicht mehr wegzudenken. Doch die Zeit hat an ihr genagt. Die Sanierungskosten steigen, der Senat befasst sich mit Alternativen. Doch muss die Brücke wirklich weg? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen.
➤ Wie ist der aktuelle Stand? Einen offiziellen Senatsbeschluss gibt’s bislang nicht, dennoch deutet alles darauf hin, dass die Köhlbrandbrücke abgerissen wird. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat schon 2012 Planungen für einen „Ersatzneubau“angestoßen. Sowohl Wirtschaftsbehörde als auch die Hafenbehörde HPA haben zuletzt betont, dass ein Erhalt des Bauwerks über das Jahr 2030 hinaus „nicht wirtschaftlich“sei. Heißt: Die Sanierungskosten übersteigen ab diesem Zeitpunkt die Kosten eines Neubaus. ➤ Warum wären Reparaturen
dann nicht wirtschaftlich? Das verwundert in der Tat – schließlich würde ein Neubau bis zu eine Milliarde Euro kosten. Aber: Bislang musste bei der Brücke immer nur relativ wenig saniert werden, zuletzt für 60 Millionen Euro etwa die Fahrbahn. Ab 2030 aber wären die riesigen Brückenpfeiler dran – und das würde richtig teuer, meint man im Senat. Denn: Als die Brücke in den 60er Jahren konzipiert und 1974 fertiggestellt wurde, war nicht abzusehen, dass heute täglich 36000 Fahrzeuge – davon 33 Prozent Lkw – über das Bauwerk rollen würden. Die Schwingungen sorgen für massive Schäden. ➤ Wird der Verkehr dort weiter
zunehmen? Zumindest der Lkw-Verkehr stagniert seit Jahren – weil auch der Containerumschlag im Hafen bei rund neun Millionen TEU stagniert. Aber: Die Belastung für die Brücke könnte weiter steigen, sobald die „Gigaliner“(XXL-Lkw) in Serie gehen – dadurch würde die punktuelle Belastung für die Brücke zunehmen. ➤ Könnten die Lkw nicht woanders entlangfahren? In einer vom Bund in Auftrag gegebe-
nen Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2008 heißt es, eine Umleitung der Schwertransporter auf die geplante Hafenquerspange etwas weiter südlich würde zu „verminderten Unterhaltungskosten und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer verlängerten Lebensdauer der Köhlbrandbrücke“führen. Die Wirtschaftsbehörde hält nach MOPO-Informationen eine KöhlbrandQuerung für Laster an dieser aber für unumgänglich. ➤ Gibt es weitere Alternativen?
In der besagten Studie wird ebenfalls vorgeschlagen, die Köhlbrandbrücke nur für den Pkw-Verkehr freizugeben. Die Laster sollten in einem Tunnel unter dem Köhlbrand durch. Laut Senatsantwort auf eine Anfrage der Linken wurde diese Alternative aber nie untersucht, „da die Durchfahrtshöhe der vorhandenenKöhlb rand brücken icht den prognostizierten Schiffs größenent wicklungen auf demKöhlb rand entspricht“. Bedeutet: Die Schiffe werden immer größer und können die Brücke nicht mehr unterfahren – sie muss sowieso weichen. ➤ Warum sind die Schiffe ein Problem? Weil die ganz dicken Pötte eben nicht unter der 53 Meter hohen Brücke hindurchpassen. „Man kann davon ausgehen, dass Schiffe mit mehr als 366 Metern Länge oder einer Kapazität von mehr als 18 000 TEU in der Regel eine Durchfahrtshöhe von 53 Metern überschreiten“, heißt es vom Senat. Im Jahr 2016 traf das auf 526 Hafenanläufe zu. ➤ Warum müssen sie überhaupt unter der Brücke durch? Damit sie das hochmodernen Containerterminal Altenwerder anlaufen können. Ein Beispiel: Der Reederei Hapag Lloyd gehören 25,1 Prozent des Terminals. Seit der Fusion mit der United Arabic Shipping Company gehören sechs weitere Riesen-Frachter zur Hapag-Flotte. Und die will das Unternehmen am eigenen Terminal abfertigen.
➤ Was plant die Stadt jetzt? Aktuell laufen zwei Machbarkeitsstudien. Die erste untersucht, ob es eine neue Brücke oder einen Tunnel unter der Elbe geben soll. 2019 wird ein Ergebnis erwartet. Die zweite Studie setzt sich mit der Ausgestaltung und Dimensionierung einer neuen Brücke auseinander. Angestrebt wird wohl eine Höhe von 72 Metern.
➤ Wie teuer wird das? Experten schätzen die Ausgaben für einen Brückenneubau auf bis zu einer Milliarde Euro. Weil ein Tunnel teurer wäre, tendiert der Senat nach MOPO-Informationen zu einer neuen Brücke. Die Behörden argumentierten zuletzt, dass Hamburg die Baukosten allein tragen müsste, da die Köhlbrandquerung keine Bundesfernstraße ist – und es damit keine Zuschüsse vom Bund geben würde. Allerdings: Den ursprünglichen Bau hat der Bund unterstützt – da die Köhlbrandbrücke als Teil des Autobahnzubringers Waltershof gewertet wurde.